Alles neu bei Nokia

Symbian 3 soll Apple und Google Paroli bieten

14.09.2010
Das Licht geht aus. Auf der Leinwand flimmern glückliche Menschen mit teuren Handys. Nokia präsentiert seine strahlende Zukunft.

Doch die heilen Bilder helfen nichts: Der Weltmarktführer aus Finnland kämpft um seine Position, obwohl Nokia nach wie vor weltweit mehr Geräte verkauft als jeder andere Handyhersteller. Eine neue Führungsriege soll es jetzt richten. Der Microsoft-Manager Stephen Elop tritt am kommenden Dienstag seinen Dienst an der Nokia-Spitze an.

Es ist nicht mehr Olli-Pekka Kallasvuo, der auf der großen Bühne Stimmung macht. Zweimal hatte der langjährige Nokia-Chef in diesem Jahr die Gewinnprognose für das Handygeschäft zurückgeschraubt, vor wenigen Tagen musste er seinen Hut nehmen. Am Dienstag eröffnete der eher unbekannte Nokia-Vorstand Niklas Savander anfangs sichtlich nervös die hauseigene Messe in London. "Nokia macht die Menschen zu Teilnehmern statt Zuschauern", jubelt Savander - flankiert vom für das Smartphone-Geschäft zuständige Vorstand Anssi Vanjoki, dessen Tage bei Nokia ebenfalls gezählt sind. Nokia war selbst zu lange nur Zuschauer im Geschäft mit Computerhandys.

Die Versäumnisse der scheidenden Nokia-Vorstände wiegen schwer: Sie haben den Anschluss im lukrativen Smartphone-Geschäft verpasst, kritisieren Analysten. Zuviel Masse, zu wenig Exklusivität und Gespür für Trends. Gegen die Blackberrys aus Kanada, Apples iPhone und die immer gefragteren Smartphones mit der Google-Software Android kamen Geräte von Nokia bisher nicht an, die Finnen büßten immer mehr Marktanteile ein.

Es ist vor allem das Design der Geräte und die Systemsoftware Symbian, die Marktbeobachter als Manko sehen. Das Marktforschungsinstitut Gartner rechnet damit, dass spätestens 2014 die meisten Smartphones mit Android laufen. Doch die Finnen geben nicht auf.

Symbian 3 ist der neue Hoffnungsträger. 50 Millionen Geräte sollen mit der neuen Software in den nächsten Jahren verkauft werden. Als erstes wird das neue Flaggschiff N8 damit ausgestattet. Es soll neue Kunden locken und helfen, die unter Druck geratenen Margen wieder aufzupolstern. "Das N8 ist ein wichtiger Meilenstein für uns", betont der scheidende Smartphone-Vorstand Anssi Vanjoki. Auf der hauseigenen Messe stellte Nokia noch drei weitere Symbian-3-Handys vor.

Was fehlte, waren Neuigkeiten zu der mit Intel entworfenen Plattform Meego und der für das kommende Jahr geplanten Symbian-Version 4. Nach Meinung von Gartner-Analystin Carolina Milanesi war der Aufschub ein kluger Schachzug: "Meego ist noch nicht soweit." Und mit Aussagen zu Symbian 4 hätte man Symbian 3 die Show gestohlen.

"Die gute Nachricht ist, dass die Aufmerksamkeit für Symbian, die Entwickler-Initiativen und die neuen Geräte uns positiv stimmen", resümiert IDC-Analyst Nick McQuire. Denn das lenke etwas von der schwachen Entwicklung auf dem Smartphone-Markt und der Unsicherheit über die neue Führungsriege bei Nokia ab.

Alle Hoffnungen liegen auf "dem Neuen" - Stephen Elop. Der Kanadier ließ sich in London noch entschuldigen. Doch was das Software-Geschäft angeht, das immer wichtiger für die Handy-Hersteller wird, traut man dem Microsoft-Manager einiges zu. "Er wird ohne Zweifel die Richtung ändern - wenn auch erst später in diesem Jahr", sagt McQuire. Denn für Design und Produktstrategie wird sich Elop auch erst jemanden suchen müssen - als Ersatz für Vanjoki.

"Ich hoffe, es wird jemand von außen sein", sagt Milanesi. Möglicherweise suche ja ein Palm-Manager einen Job. Es dürfe in jedem Fall niemand sein, der ausschließlich Erfahrung im Hardware-Geschäft mitbringe, findet die Analystin. IDC-Mann McGuire pflichtet ihr bei: Die größte strategische Herausforderung sei, die neue Software zusammen mit einer attraktiven Benutzerumgebung nach Art von Apples App Store und neuen Geräten an den Mann zu bringen.

Denn das dürfte inzwischen auch das Nokia-Management begriffen haben: Die neue Welt der Smartphones, die die Finnen mit kämpferischen Parolen erobern wollen, besteht schon jetzt aus weitaus mehr als Touchscreens und Plastikgehäusen. (dpa/tc)