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Fiducia stemmt "Mammut-Migration" der Banken-IT

26.06.2007
Der Dienstleister Fiducia IT hat die Volksbanken und Raiffeisenbanken auf das Java-basierende Kernsystem "Agree" umgestellt.

Seit dem 25. Juni 2007 arbeiten alle 840 von der Fiducia betreuten Finanzinstitute auf einem einheitlichen Kernbankensystem. Damit sei eines der größten Migrationsprojekte in der Finanzdienstleistungsbranche erfolgreich abgeschlossen, erklärten die PR-Beauftragten des Karlsruher IT-Dienstleisters. Im Rahmen der "Mammut-Migration" habe man vier unterschiedliche Bankensysteme abgelöst, die zuvor in den Partnerunternehmen liefen. Ziel des Vorhabens war eine einheitliche IT-Landschaft in den Banken und im Rechenzentrum.

Während des Migrationszeitraums von 2003 bis 2007 wurden in den 840 Geldinstituten mehr als 100.000 Arbeitsplätze und rund 23.000 Selbstbedienungsgeräte umgerüstet. Agree sei damit eines der am meisten eingesetzten Kernbankensysteme in Deutschland, wirbt der Dienstleister. Bis zu acht Banken migrierte die Fiducia IT parallel auf das neue System; im Rahmen der Umstellung schulten die Experten mehr als 20.000 Mitarbeiter.

Bei Agree handelt es sich um ein Java-basierendes Retail-Bankensystem für das Universal und das Direktgeschäft. Der Schwerpunkt der Software liegt auf der Vertriebs- und der Prozesssteuerung. Mit dem Agree Bankarbeitsplatz (BAP) nutzen alle Mitarbeiter eine einheitliche Benutzeroberfläche, in der benötigte Funktionen und Anwendungen integriert sind. Im Zuge der Umstellung haben die Banken auch einige der bislang selbst betriebenen IT-Prozesse wie Datensicherung, Wartung und Administration an das Rechenzentrum der Fiducia ausgelagert. Daraus ergaben sich den Angaben zufolge erhebliche Einsparungen.

Aus technischer Sicht setzt Agree auf dem Java Banking Framework (JBF) auf. Dahinter verbirgt sich ein Modernisierungsprojekt für die Core-Banking-Systeme, das die Fiducia bereits Ende 1998 anstieß. Mit dem ambitionierten Vorhaben setzten die Spezialisten auch einige Grundprinzipien Service-orientierter Architekturen (SOA) um, wie Fiducia-Vorstand Klaus-Peter Bruns im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE erläuterte (siehe auch: Fiducia IT nimmt Kurs auf SOA).

Ausgangspunkt des Vorhabens waren demnach fachliche Domänen, wie beispielsweise der Zahlungsverkehr, die im Fiducia-Jargon "Bündel" heißen. In diesen Domänen finden sich so genannte CBX-Module, sprich fachliche Services auf Basis des JBF-Frameworks, die sich mehrfach verwenden lassen. "Wir stellen derzeit rund 720 fachliche CBX-Module zur Verfügung", erklärte Bruns im November vergangenen Jahres. Hinzu kämen zahlreiche technische Service-Komponenten. Auffinden und nutzen ließen sich die Software-Services über ein zentrales Verzeichnis.

Das Framework umfasst zwei Kernkomponenten: Zum einen ein Vorgehensmodell für die fachliche Servicemodellierung, zum anderen einen Baukasten für Softwareentwickler. Letzterer beschreibt verbindliche Vorgaben, mit dem die Fiducia einheitliche Designmethoden und -techniken im Bankenverbund durchsetzen will.

Auch die Sparkassen setzen beim Ablösen ihrer Altanwendungen auf SOA-Konzepte (siehe: Wie die Sparkassen ihre IT modernisieren). Im Jahr 1999 begann die Vorgängerorganistion der Sparkassen Informatik damit, ein Kernbankensystem für die Sparkassen-Finanzgruppe neu zu entwickeln. Inzwischen verwenden 229 Sparkassen mit 125.000 Benutzern das so entstandene System "OSPlus". "Wir wollten die Prozesse der Sparkassen besser durch IT unterstützen", berichtete Detlev Klage, verantwortlich für den Multikanal-Vertrieb der Sparkassen Informatik. Ziel sei es auch gewesen, "Redundanzen in den diversen Bankanwendungen zu beseitigen, Funktionen zu kapseln und Anwendungslogik wiederzuverwenden".

Heute charakterisieren solche Vorgaben meist Projekte zur Einführung von Service-orientierten Architekturen (SOA). Als der Sparkassen-Dienstleister das Vorhaben startete, war der Begriff nur wenigen Experten bekannt (siehe auch: Banken modernisieren die IT mit SOA). Im Gegensatz zur Fiducia entwickelte die Sparkassen Informatik die fachlichen Services komplett in der schon seit Jahrzehnten verwendeten Programmiersprache Cobol. Deren Funktionen sind als Web-Services gekapselt und stehen Nutzern über das ebenfalls eigenentwickelte "OSPlus Portal" zur Verfügung. Lediglich für das Portal und die Präsentationsschicht der Architektur setzte das Team auf Java-Anwendungen.

Mehr zum Thema Legacy-Modernisierung und Service-orientierte Architekturen finden Sie im SOA-Expertenrat der COMPUTERWOCHE. (wh)