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Trolle und Cyberstalker - wie Blogger sich wehren können

21.06.2007
Mit der Verbreitung der Weblogs wächst auch die Zahl der Trolle und Cyberstalker, die Blogger stören und bedrohen oder ganze Communities lahm legen. Den Störenfrieden das Handwerk zu legen, ist nicht einfach. Doch es gibt ein paar wirksame Rezepte.

In der amerikanischen Blogosphere sorgte der Fall Kathy Sierra für Aufregung: Die prominente Bloggerin fand in ihrem Weblog (Creating Passionate Users) plötzlich Mord- und Vergewaltigungsdrohungen vor. Die Lage spitzte sich zu, als die Cyberangriffe auf zwei weitere prominente Blogs übergingen, die mit Sierras Site verlinkt waren. Sierra war schließlich so erschrocken, dass sie eine Auszeit vom Bloggen nahm und eine O'Reilly-Konferenz, auf der sie als Rednerin angekündigt war, absagte.

Wie die US-Kollegen von der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" berichten, lässt dieser Fall nur die Spitze des Eisbergs erkennen. "Zwischen heute und den frühen Tagen des Usenet ist der Level an missbräuchlichem Verhalten erschreckend konstant gewachsen", beobachtet Tim Bray, Director of Web Technologies bei Sun Microsystems und seit langem passionierter Blogger. Derzeit gibt es rund 7 Millionen Weblogs, in jeder Sekunde entstehen nach Angaben der Blog-Suchmaschine Technorati 1,4 neue. Dass sich in diesem Umfeld ein gewisser Prozentsatz an verwirrten, zum Teil auch gefährlichen Zeitgenossen herumtreibt, verwundert wenig.

Trotzdem sollte jeder, der sich aus beruflichen oder privaten Gründen mit Blogs beschäftigt, darauf vorbereitet sein, dass es Menschen gibt, die eine Befriedigung darin finden, andere Menschen einzuschüchtern oder Online-Communities aus den Angeln zu heben. Derek Wood, Vice-President der PsychTracker Inc., eine Online-Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Krankheiten, identifiziert zwei Typen von Online-Querulanten: Trolle und Cyberstalker. Betreiber und Sponsoren von Blogs sollten nach Meinung von Wood über diese beiden Ausprägungen Bescheid wissen, um sinnvoll reagieren zu können.

Trolle veröffentlichen Kommentare mit der Absicht, Diskussionen um ihrer selbst willen auszulösen, zu provozieren, andere zu diskreditieren oder Foren zu sabotieren. Im Idealfall, so erklärt Wood, gelingt es dem Troll, den Austausch innerhalb einer Diskussionsgruppe unmöglich zu machen: "Eine Gruppe gilt in ihrem Zusammenhalt dann als zerstört, wenn zwei Drittel bis drei Viertel der Botschaften auf Troll-Kommentare entfallen." Gerne werden Newcomer unter den Bloggern ins Visier genommen, weil sie noch unsicher sind, sich schneller angegriffen fühlen und empfindlicher reagieren.

Diese Troll-Typen gibt es:

  • Spammer: Viele Newsgroups und Diskussionsforen werden mit den gleichen Inhalten bombadiert;

  • Kook: Regulär angemeldet, geben diese Trools ständig merkwürdige Kommentare ab, die nichts mit der Diskussion, oft nicht einmal mit der Realität zu tun haben.

  • Flamer: Veröffentlichen nur polemische, aggressive und hetzerische Postings und vergiften so die Atmosphäre.

  • Hit-and-runner: Besuchen Blogs und Foren, hinterlassen einen oder zwei nervige Kommentare und zieht weiter.

  • Psycho: Fühlt sich nur dann gut, wenn es ihm durch seine Einlassungen gelingt, dass sich andere schlecht fühlen.

Wood erstellt auch gleich ein Psychogramm: Trolle haben demnach sehr viel Freizeit, sind in der Regel allein und suchen Aufmerksamkeit. "Ihr Selbstwertgefühl steigt mit der Menge der Reaktionen, die sie provozieren können", beobachtet der Experte.

Cyberstalker hingegen können in unterschiedlichen Formen auftreten. Gemeinsames Merkmal ist die kontinuierliche Kommunikation nach einem bestimmten Muster, das vom Betroffenen in der Regel als beleidigend oder angreifend empfunden wird. Für Cyberstalker findet Wood die Attribute bösartig, vorsätzlich, repetitiv, zwanghaft, nachtragend und in einer Art und Weise bedrohend, die Betroffene um ihre Sicherheit fürchten lässt. Appelle und Warnungen, ihre Belästigungen einzustellen, schlagen Cyberstalker in aller Regel aus.

Diese Cyberstalker-Typen gibt es:

  • Der Intime: Seine Beziehungsverhältnisse sind von Kontrollsucht gekennzeichnet. Außerdem zieht er Befriedigung daraus, andere Menschen zu beleidigen und emotional zu missbrauchen. Er ist in der Regel männlich und die am häufigsten auftretende Variante des Cyberstalker.

  • Der Wahnhafte: Auch ohne dass jemals ein Kontakt zum Opfer bestand baut dieser Typ mental eine sehr enge Beziehung zum Opfer auf. Er ist in den meisten Fällen psychisch krank.

  • er Rachsüchtige: Er ist wegen eines realen oder eingebildeten Unrechts wütend auf sein Opfer

  • Der Rachsüchtige: Er ist wegen einer realen oder eingebildeten Begebenheit oder eines (vermeintlichen) Unrechts wütend auf sein Opfer und nimmt Rache. Dieser Typ kann im schlimmsten Fall ein Psychopath sein.

Die Opfer fühlen sich meist schlecht gerüstet, um die Angreifer auf rechtlichem, technischem oder taktischem Weg zum Aufhören zu bewegen. Es gibt aber ein paar Ratschläge, die Blogger und Teilnehmer an Web-Communities beherzigen können, um die Belästigungen zu beenden oder zumindest dafür zu sorgen, dass sie sich nicht auf das reale Leben ausdehnen.

1. Troll-Taktiken erkennen. Erste Regel ist es, sich nicht aufs Glatteis führen zu lassen. Laut Wood sollte man keinem Posting trauen, wenn einem der Absender seltsam vorkommt und seine Glaubwürdigkeit über Beiträge im eigenen Blog oder in anderen zuverlässigen Quellen nicht festgestellt werden kann. Kommentare oder private E-Mails, die einem verdächtig vorkommen, etwa weil sie überschwänglich schmeicheln oder plump Nettigkeiten provozieren wollen, sollten ignoriert werden.

2. "Don't feed the trolls." Das Akronym DFTT ist ein alter Hut in der Blogosphere. Unter keinen Umständen sollte man das Verhalten des Trolle damit belohnen, dass man reagiert oder sich sogar öffentlich aufregt. Ignoriert man den Troll, langweilt er sich irgendwann und verschwindet im besten Fall.

3. Privatsphäre sichern. Veröffentlichen Sie nach Möglichkeit keine persönlichen Informationen wie Adresse oder Telefonnummer. In Deutschland gibt es eine Impressumspflicht nur für Weblogs, die einem Geschäftszweck folgen. Privat oder familiär genutzte Blogs sind davon befreit. Sollen Community-Teilnehmer Kontakt zum Blogbetreiber aufnehmen können, ist die Einrichtung einer Postfachadresse sinnvoll. Empfehlenswert kann es außerdem sein, sich eine geheime Telefonnumer zuzulegen und dafür zu sorgen, dass Behörden keine Privatinformationen auf telefonische Anfrage herausgeben. Familien sollten überdies genau überlegen, welche Informationen sie im Blog veröffentlichen möchten. Nicht sinnvoll ist es beispielsweise, Kinderfotos zu publizieren.

4. Abblocken und verbieten. Sollen Trolle und Cyberstalker von einem gehosteten Blog abgewehrt werden, kann es hilfreich sein, einen Administrator des Betreibers zu bitten, den Troll auszuschließen. Wer so vorgehen möchte, sollte alle Troll-Einträge einschließlich Überschriften als Beweismittel vorlegen können. Blog-Software wie beispielsweise Wordpress bietet Nutzern Möglichkeiten, auffällige Teilnehmer auszuschließen. Beispielsweise lassen sich Neuzugänge isoliert beobachten, außerdem gibt es Plugins, mit denen Blogger bestimmte IP-Adressen blocken können.

5. Beweismittel sichern. Blogger sollten für den Fall einer juristischen Auseinandersetzung alle relevanten Einträge vorlegen können. Das gilt erst recht, wen Cyberstalker das Medium wechseln und beispielsweise mit Telefonterror beginnen: Exakt notieren, zu welcher Uhrzeit und wie oft der Störenfried anruft und was er sagt! (hv)