Literaturwelten im Internet - Portale setzen unterschiedliche Akzente

12.03.2007
Sie heißen "Literatur-Café", "Literaturkritik.de" oder "Bluetenleser.de": Seit mehreren Jahren entwickelt sich im Internet eine lebendige Literaturszene.

Und dabei geht es meist um mehr, als Literatur online zugänglich zu machen, wie beim bekannten Gutenberg-Projekt ("projekt.gutenberg.de"). Die Portale haben unterschiedliche Schwerpunkte, neben Rezensionen werden Biografien, Veranstaltungstipps oder Hörbeispiele von Büchern ins Netz gestellt, Foren beleben den Austausch zwischen Literaturinteressierten.

"Jeder, der mit dem Internet zu tun hat, weiß, dass es nicht zu wenige, sondern zu viele Informationen gibt", sagte Christiane Kussin von der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten in Berlin. Ihrer Ansicht nach zeichnen sich gute Portale deshalb vor allem durch eines aus: inhaltliche Qualität.

Die findet man laut Kussin unter anderem auf "perlentaucher.de". Die werbefinanzierte Seite liefert eine tägliche Presseschau der deutschsprachigen Feuilletons inklusive Buchrezensionen - mit rund 500.000 Besuchern im Monat nach Angaben der neutralen Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW). Das Portal setze mehr und mehr auf eigene journalistische Inhalte, sagte Thierry Chervel, der die Seite im März 2000 mitgegründet hat. Demnächst sollen sich Besucher auch über Kommentarfunktionen und Foren einbringen können.

Ähnlich reichweitenstark ist "literature.de". Die Seite liefert ein Angebot aus Rezensionen, Hör- und Leseproben, Nachrichten und Terminen. Für Autoren sind Stipendien und Preise aufgelistet. Als Rezensionsforum mit literaturwissenschaftlichem Hintergrund versteht sich "literaturkritik.de". "Es soll Literaturwissenschaftlern die Möglichkeit bieten, ihre Arbeit journalistisch zu verbreiten", sagt Gründer Thomas Anz, Literaturprofessor an der Universität Marburg.

Das virtuelle "Literaturcafe.de" will dagegen ein Ort sein, an dem sich Literaturbegeisterte austauschen können. Sie haben die Möglichkeit, Textkritiken zu verfassen oder auch und Gedichte einzureichen. "Wir liefern Informationen, die Feuilletons und Newsticker nicht abdecken", sagt Wolfgang Tischer, Initiator der privaten Seite.

"Bluetenleser.de" gibt dagegen hauptsächlich Programmhinweise zu Literaturbeiträgen in Radio und Fernsehen. Die können Interessierte in Video- und Audiodateien (Livestreams) abrufen. Neuerscheinungen deutscher Gegenwartsliteratur werden auf der Seite "Litrix.de" vorgestellt, die Seite wendet sich in erster Linie an Literaturschaffende im Ausland.

Auch Lyrik-Liebhaber kommen im Internet auf ihre Kosten. Bei "poetenladen.de" können Autoren ihre Manuskripte für Gedichte aber auch Kolumnen, Erzählungen oder Essays einreichen. Die Auswahl für die mehrsprachige Plattform "lyrikline.de", eine Initiative der Literaturwerkstatt Berlin, wird dagegen von den Trägern getroffen. Auf der Seite lesen die Autoren ihre Gedichte vor.

Die literarischen Gesellschaften sind ebenfalls im Netz aktiv: Erst im vergangenen Jahr launchten der Brandenburgische Literaturverein und das Literarische Colloquium Berlin "Literaturport.de". Die Plattform sieht sich den Betreibern zufolge als Dienstleister für Autoren, die sich dort präsentieren können. Außerdem gibt es auf der Seite Hörproben und Beschreibungen literarischer Orte in Berlin und Brandenburg. Literarische Gedenkstätten und Museen in Baden- Württemberg sind auf "literaturland-bw.de" zusammengestellt.

Große Erwartungen hatte im vergangenen Jahr das vom Bund geförderte "literaturportal.de" vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar geweckt. Die Seite war ursprünglich als Veranstaltungskalender für das Schillerjahr 2005 konzipiert, sagt Roland Kamzelak vom Deutschen Literaturarchiv. Jetzt bündelt sie literarische Veranstaltungen in ganz Deutschland und bietet Autorenporträts mit Links zum Literaturarchiv. Kritiker wiesen nach dem Start allerdings auf Fehler in den von einer Agentur gelieferten Inhalten hin. Und heute bemängeln viele noch immer das für ein umfassendes Portal eher schmale inhaltliche Angebot. Die Reaktionen hätten gezeigt, dass ein übergreifendes Portal nötig sei, meint Kamzelak. Ein solches Portal müsse allerdings ein sehr gutes Konzept haben, um ernsthaft über das hinauszugehen, was es bislang schon gibt, findet Literaturprofessor Thomas Anz. (dpa/tc)