Es ist offiziell: Oracle will Milliarden für Hyperion zahlen

02.03.2007
Die Übernahme des Spezialisten für Analysesoftware soll Oracle zum Komplettanbieter für Business Intelligence und Performannce-Management machen.

Gestern kursierende Gerüchte, nach denen ein Kaufangebot von Oracle an Hyperion unmittelbar bevorstehe, haben sich bewahrheitet. In einer Telefonkonferenz bestätigten am Nachmittag Top-Manager beider Unternehmen an, dass Oracle eine Offerte von 52 Dollar je Aktie oder 3,3 Milliarden Dollar in bar unterbreitet habe. Damit steht Oracle vor seiner 30ten Übernahme in drei Jahren. Einen besonderen Fokus legt Oracle dabei auf den Markt für Business-Intelligence. Obwohl das Unternehmen hier seit Jahren agiert und eigene Software für Analyse und Reporting rund um seine Datenbank entwickelt, sind es vor allem die Übernahmen von Peoplesoft, Siebel, Sigma Dynamics, Sunopsis und nun Hyperion, die Oracle zum Durchbruch und Wachstum verhelfen sollen. Erst vor kurzem hatte das Unternehmen eine neugeordnete BI-Produktsuite präsentiert (siehe auch "Oracle stellt umfangreiche Suiten für Business Intelligence vor").

Oracle-President Charles Phillips: sieht Oracle durch die Übernahme führend in allen BI-Kategorien
Oracle-President Charles Phillips: sieht Oracle durch die Übernahme führend in allen BI-Kategorien
Foto: Oracle

Hyperion ist ein führender Anbieter von Software zur Aufbereitung, Analyse/Reporting und Formatierung von Geschäftsinformationen (Business Intelligence = BI). Diese Tools sind heute Teil einer noch entstehenden Produktplattform, die Aufgaben wie die Datenintegration, Metadaten-Verwaltung und Stammdaten-Management abdecken soll. Hinzu kommen Anwendungen im Finanz-Management für Planung, Budgetierung, Forecasting, die zusammen mit den BI-Produkten den Aufbau durchgängiger (Regelkreis-)Systeme zur Unternehmenssteuerung, neudeutsch: Corporate- oder Enterprise-Performance-Managements (CPM/EPM), ermöglichen soll. Rund 12 000 Kunden, darunter 91 der Fortune 100, setzen nach offiziellen Angaben heute Hyperion-Produkte ein und bescherten dem Unternehmen mit Sitz im kalifornischen Santa Clara im Fiskaljahr 2006 (Ende: Juni 2006) einen Umsatz von 765 Millionen Dollar.

Hinzu kommen laut Oracle President and Chief Financial Officer Safra Catz 450 Millionen Dollar in Barreserven, die den Kaufpreis für Oracle reduzieren. Über die finanziellen Auswirkungen des Deals wollte Oracle-Managerin Catz keine detaillierten Aussagen machen, zumal sich Oracle derzeit in der "Quiet period" befindet. Dennoch sagte sie, dass die Transaktion Oracles Einnahmen in Finanzjahr 2008 auf einer Non-US-GAAP-Basis um mindestens ein Cent pro Aktie positiv beeinflussen wird. Zudem sieht Catz durch eine Fusion vor allem eine höhere Kosteneffizienz im Geschäft und nicht so sehr Umsatz-Synergien: "Wir werden mehr zusammen verkaufen als bisher und haben eine größere Reichweite."

Seitenhieb auf SAP

Die Übernahme von Hyperion sei ein weiterer Beitrag zum Aufbau des umfassendsten und offenen Software-Stack für Unternehmenssoftware in der Industrie, ergänzte Oracle President Charles Phillips mit einem Seitenhieb auf seinen ärgsten Konkurrenten SAP. Und damit nicht genug, sei man nun auch im Markt für BI und EPM/CPM erstklassig (siehe auch das Blogposting Darwin Ellison). So könne Oracle künftig fünf Kategorien abdecken: BI-Server (Basis für Datenzugriff, Integration und Sicherheit), BI-Tools (Reporting, Publishing, Dashboards), Datenbank und Olap-Engine, Analytische Anwendungen (SCM etc.) sowie operative Anwendungen, in dem die Daten erzeugt werden (ERP, CRM etc). "Zum ersten Mal in der Geschichte ist jetzt ein Unternehmen stark in alle fünf Kategorien."

Ferner gewinne man durch Hyperion eine weltweite BI-Service-Organisation mit über 1900 Mitarbeitern hinzu, so Phillips. Diese soll Teil einer eigenen Service-Division für EPM/CPM werden, die der Manager jetzt ankündigte. Hyperions Chief Executive Officer Godfrey Sullivan hatte dem wenig hinzuzufügen. Es sei die richtige Zeit gewesen, um eine strategische Allianz einzugehen. "Oracle ist der beste Partner" (siehe auch das Computerwoche-Interview mit Godfrey Sullivan). Hyperion steuere CPM-Produkte und viel Branchenwissen bei, das zusammen mit dem Oracle-Portfolio ein Best-of-Breed-Angebot entstehen lasse. Hinzu komme, dass Hyperion auf ein Partner-Netz mit über 275 000 Kunden Zugriff erhalte.

Synergien und Überschneidungen

Gefragt, ob es die beworbenen Synergien tatsächlich in dem Maße zwischen Oracle und Hyperion gebe, blieben die Oracle-Obersten vage und widersprüchlich. So erklärte Catz, dass es anders als bei den Übernahmen Peoplesoft und Siebel organisatorisch praktisch keine Überschneidungen gebe. "Wir werden die Vertriebsmannschaft erhalten und glauben daher, alles sehr schnell machen zu können". Oracle-President Phillips ergänzte, dass man anders als nach der Siebel-Übernahme nicht erwarte, dass die gemeinsamen Lizenzeinnahmen zurückgingen. Zu Produktüberschneidungen (gerade bei den Berichtswerkzeugen und Olap-Servern), erklärte er, dass Oracle bisher über kein vergleichbares Produkt zum populären Olap-Server "Essbase" von Hyperion verfüge. Andererseits räumte er dann doch ein, dass man schon etwas hatte, das aber nicht gut genug für den Markt war". Angesichts von je nach Lesart zwei bis drei eigenen Olap-Servern eine entlarvende Feststellung.

Auch räumte Phillips ein, dass die Hyperion-Produkte sich mit den zugekauften BI-Tools von Siebel, die mittlerweile die Basis von Oracles BI-Suiten bilden, sehr wohl überschneiden. Doch habe Oracle bisher kaum etwas für Planung und Budgetierung zu bieten gehabt, wo er die Stärke von Hyperion sieht, und besitze eine Konsolidierungs-Engine, die sich nie wirklich am Markt durchgesetzt hat. Andererseits wieder erklärte Phillips, dass man viele Tools für den Chief Financial Officer habe, die nun dank Hyperion leichter dorthin gelangen könnten.(as)