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Schmiergeldskandal: Wusste Siemens seit 2004 Bescheid?

22.12.2006
Vorstand und Aufsichtsrat von Siemens haben einem Pressebericht zufolge spätestens seit Mitte 2004 Kenntnis von dubiosen Beraterverträgen.

Beide Gremien hätten sich damals im Zusammenhang mit den Verhaltensregeln für die Siemens-Mitarbeiter mit der Befürchtung befasst, dass die von der Rechtsabteilung formulierten Verträge in einigen Fällen verfälscht wurden und damit nicht mehr korrekt waren, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

"Ich kann mich daran nicht erinnern, schließe das aber nicht aus", sagte Vorstandsvorsitzender Klaus Kleinfeld dazu der "FAZ". Im Juni 2005 habe Siemens ein neues Regelwerk für Beraterverträge geschrieben. Seitdem seien unter anderem mehr Unterschriften erforderlich. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir die Änderungen aufgrund eigener Erfahrungen gemacht haben", sagte Kleinfeld, der seit Januar 2005 Vorstandschef ist. Möglich sei auch, dass Beobachtungen bei anderen Unternehmen Grundlage dafür gewesen seien.

Die Beraterverträge der Kommunikationstechniksparte Com, die im Mittelpunkt der Korruptionsaffäre steht, hat Siemens laut "FAZ" offenbar aber erst in den vergangenen Wochen genau unter die Lupe genommen, nachdem die Staatsanwaltschaft München mit einer Großrazzia am 15. November den Verdacht auf Untreue gegen Mitarbeiter von Siemens publik gemacht hatte. Vor zehn Tagen bezifferte der Vorstand von Siemens den Umfang zweifelhafter Beraterverträge mit 420 Millionen Euro und gab Lücken im Kontrollsystem zu.

Auf der Grundlage eines durchschnittlichen Steuersatzes von 39 Prozent ergebe sich für das vergangene Geschäftsjahr (30. September) ein Volumen der dubiosen Beraterverträge von knapp 80 Millionen Euro. Diese Zahl sei in der Summe von 420 Millionen Euro für die vergangenen sieben Jahre enthalten. Eine Mitarbeiterin der für Siemens tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG habe für das vergangene Geschäftsjahr zunächst einen höheren Betrag von unklaren Zahlungsvorgängen festgestellt, sagte Kleinfeld der Zeitung. "Es hat sich aber gezeigt, dass eine Reihe dieser Transaktionen okay waren." Am Ende seien 77,6 Millionen Euro für eine Korrektur geblieben.

Den Bericht der KPMG-Mitarbeiterin habe Siemens am 16. November erhalten und an die Staatsanwaltschaft München weitergeleitet. Wann die im vergangenen Geschäftsjahr aufgefallenen Beraterverträge abgeschlossen wurden, konnte Kleinfeld der Zeitung nicht sagen. Er deutete aber an, dass sie schon älter sind. "Es waren keine neuen Firmennamen", sagte er. (dpa/mb)