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Digitaler Polizeifunk abhörbar?

19.06.2006
Mit Funklöchern der besonderen Art haben die Verantwortlichen des rund drei Milliarden Euro teueren Projekts zu kämpfen.

Kurz vor dem geplanten Startschuss Anfang Juli verdichten sich die Hinweise, dass das vom Bundesinnenministerium (BMI) als abhörsicher gepriesene Bündelfunksystem Tetra (Terrestial Trunked Radio) selbst mit einfachen Mittel betriebenen Lauschangriffen nicht standhält.

Tests von Sicherheitsexperten hätten ergeben, dass Gespräche im digitalen Polizeifunk bereits mit Hilfe herkömmlicher Funk-Scanner, handelsüblicher Notebooks und Entschlüsselungs-Software abgehört werden können, berichtet das Magazin "Wirtschaftswoche". Zumindest sei dies beim Test des Tetra-Funknetzes in Aachen gelungen. Auch die von der Fifa in Stadien sowie die für die Sicherung der WM in Hamburg und Leipzig installierten digitalen Polizeifunknetze ließen sich dem Bericht zufolge knacken.

Nach Angaben eines am Feldtest Beteiligten wurde in Aachen allerdings auf zusätzliche Verschlüsselung verzichtet, da diese bei Nutzung von Funkgeräten unterschiedlicher Hersteller nicht funktioniere. "Dass das Mithören aber mit derart allgemein verfügbarer Technik möglich ist, überrascht mich doch sehr", zitiert die "Wirtschaftswoche" einen Tetra-Experten der Hersteller.

Angesichts der potenziellen Sicherheitslücken will sich das deutsche Innenministerium in punkto Abschirmung nicht allein auf die Eigenschaften der Tetra-Technik verlassen. "Für den Digitalfunk wird unter anderem eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zum Einsatz kommen, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelt wurde", sagt eine Sprecherin von Innenminister Wolfgang Schäuble. Obwohl die dafür erforderlichen Endgeräte aktuell noch entwickelt werden, hofft das BMI, das Netz bis Ende 2006 in Betrieb nehmen zu können, dann aber abhörsicher. (mb)