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Borland übernimmt Segue Software

08.02.2006
Gleichzeitig sucht man Käufer für die hauseigenen Entwicklungswerkzeuge, was angesichts der Situation im kommerziellen Tool-Markt schwierig sein dürfte.

Borland will sein Geschäft im Bereich Application-Lifecycle-Management vorantreiben und hat dazu gestern die Übernahme von Segue Software, Anbieter von Qualitäts-Management und Testing-Tools, angekündigt. Die Akquisition ist von beiden Unternehmen einvernehmlich abgesegnet. Borland wird 8,67 Dollar pro Aktie in bar bezahlen, womit der Deal einen Gesamtwert von etwa 100 Millionen Dollar hat. "Die Segue-Produkte erweitern unser ALM-Portfolio in wesentlichen Punkten", kommentiert Borland-CEO Todd Nielsen die Fusion. Mit Hilfe der "Silk"-Werkzeuge lassen sich Qualitätsvorgaben für Software definieren, diese kontrollieren und verbessern - laut Borland zentrale Disziplinen im Application-Lifecycle-Management.

Die Ausweitung der ALM-Aktivitäten ist laut Bola Rotibi schlüssig, obwohl es der Ovum-Analyst lieber gesehen hätte, wenn Borland mit dem Segue-Konkurrenten Mercury zusammengegangen wäre. Dieser Schritt wäre noch konsequenter gewesen, so seine Meinung. Ebenfalls wenig überraschend kommt für ihn Borlands zeitgleiche Ankündigung, einen Käufer für die hauseigenen Entwicklungs-Tools zu suchen. Betroffen sind die Stammprodukte Developer Studio mit den Werkzeugen Delphi, C++-Builder und C#-Builder sowie die Jbuilder-Linie. Laut Rotibi haben kommerzielle Spezialisten im Markt für integrierte Entwicklungsumgebungen (IDEs) kaum noch Chancen. Dafür ist die Anziehungskraft der freien Entwicklungs-Plattform von Eclipse zu groß, und in der Windows-Welt lockt Microsoft mit attraktiven Konditionen für Visual Studio .NET.

Das hat auch Borland zu spüren bekommen. Der Hersteller musste jetzt für das vierte Quartal seines Geschäftsjahres einen Verlust von 9,6 Millionen Dollar bekannt geben, was er mit Restrukturierungskosten und den um 14 Prozent geschrumpften Umsätzen begründet. Im vierten Quartal 2004 hatte Borland noch einen Gewinn von 8 Millionen Dollar ausgewiesen.

Den beabsichtigten Verkauf der IDE-Sparte begründet Borland-Chef Nielsen damit, dass sich sein Haus stärker auf Unternehmenslösungen konzentrieren wolle, die das gesamte Spektrum der Softwareverteilung und -verwaltung abdecken. Dabei ist er bemüht, die angestammte Klientel nicht zu verärgern: "Entwickler werden immer eine wichtige Rolle im Application Lifecycle spielen, aber die ALM- und IDE-Märkte sind sehr unterschiedlich. Sie gehorchen verschiedenen Business-Modellen und erfordern fokussierte Teams in Forschung und Entwicklung. Beide Märkte sind wichtig, aber Borland kann nicht länger beiden die Ressourcen und Aufmerksamkeit widmen, die sie eigentlich benötigen." Branchenkenner wundern sich deshalb auch nur darüber, weshalb der Kurswechsel so spät erfolgt. Bereits im vergangenen Sommer hatte ein ehemaliges Mitglied des Verwaltungsrats Borland angemahnt, sich von den IDE-Produkten zu trennen, um sich besser auf die strategisch neuen Geschäftsfelder konzentrieren zu können. (ue)