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Oracles Applications-Kunden klagen über mangelnde Information und Kommunikation

06.07.2005
Laut einer Umfrage der DOAG beklagen Kunden im Applikationsumfeld vor allem Informationsdefizite, was Ansprechpartner und die künftige Produktstrategie betrifft.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Laut einer Umfrage der Deutschen Oracle Anwendergruppe (Doag) beklagen Kunden im Applikationsumfeld vor allem Informationsdefizite, was Ansprechpartner und die künftige Produktstrategie betrifft. Der Datenbankspezialist werde zwar zunehmend als Lösungsanbieter wahrgenommen und habe aufgezeigt, wie es mit den Produkten von Peoplesoft und J.D. Edwards weitergehen soll, berichtet Fried Saacke, Vorstandsvorsitzender der Doag. "Doch gerade mittelständische Unternehmen erwarten für ihre Entscheidungen Investitionssicherheit, die weit über zehn Jahre hinausgeht." Eine Perspektive bis 2013 reiche hier nicht aus, resümiert Saacke.

An der Umfrage haben sich 72 Unternehmen beteiligt. Angesichts des schwachen Standings von Oracles Anwendungsgeschäft im Heimatmarkt des großen Konkurrenten SAP sei diese Zahl jedoch durchaus beachtlich, zieht Rolf Scheuch, Vorstandsmitglied der Doag, eine positive Bilanz der jüngsten Anwenderbefragung.

Peoplesoft- und J.D.-Edwards-Kunden, die sich seit dem offiziellen Vollzug des Mergers in Deutschland am 17. Juni dieses Jahres unter dem Oracle-Dach wieder finden, fordern vor allem mehr Informationen darüber, wie es mit den Produkten weitergeht. Vor allem das Projekt "Fusion" (siehe: "Oracle verspricht Kontinuität"), mit dem Oracle ab 2008 eine neue Applikationsplattform präsentieren will, sorge für Irritationen, berichtet Thomas Zoller von der ehemaligen Peoplesoft German User Group (GUG). Es werde nicht einfach sein, drei Produktlinien zu integrieren. Zoller verweist vor allem auf die langjährigen "World"-Kunden von J.D.-Edwards. Deren Systeme seien teilweise so stark angepasst, dass sie praktisch nicht mehr Upgrade-fähig seien.

Michael Liedebrand, verantwortlich für das Peoplesoft-Personal-Management-System der Deutschen Bahn, hofft, dass Oracle bei der weiteren Entwicklung Rücksicht auf die Besonderheiten des deutschen Marktes nimmt. In der Vergangenheit sei dies teilweise sehr schwierig gewesen, weil Peoplesoft stark von den USA aus gesteuert worden sei. Kunden hätten selbst Hand an ihre Lösungen legen müssen, um die Software an die gesetzlichen Vorgaben hierzulande anzupassen.

Das werde sich hoffentlich im Zusammenhang mit der Entwicklung von Fusion ändern, mahnt Liedebrand. Falls die Kunden nicht einbezogen würden, bestehe die Gefahr, dass am Ende die neue Lösung nicht das sei, was die Anwender wollten. "Die Kunden erwarten keinen Ferrari mit zehn Sitzen und einer Ladefläche." Der IT-Manager wünscht sich, dass die künftigen Lösungen einfacher zu handhaben sind und damit die Kosten gesenkt werden können.

Allerdings fällt es dem IT-Manager der Deutschen Bahn momentan schwer, seine Anliegen zu adressieren. Seit dem offiziellen Vollzug der Peoplesoft-Akquisition im Januar und der darauf folgenden Umsetzung im Juni in Deutschland habe er lediglich zwei Briefe von Oracle erhalten, in denen die organisatorischen Veränderungen angekündigt wurden. Um planen und den weiteren Einsatz seiner Peoplesoft-Lösung auch intern rechtfertigen zu können, benötige er jedoch mehr Informationen.

Doch damit tut sich Oracle derzeit schwer. Günther Stürner, Vice President für die Business Unit Database und Server Technology Competence Centers in Deutschland, räumt zwar ein, dass es mehr Informationen geben müsse. Einen Blueprint für Fusion gebe es jedoch noch nicht. Um ein fundiertes Konzept zu liefern, benötige Oracle noch etwas Zeit. Man könne noch keine offiziellen Aussagen darüber machen, welche Plattformen und Datenbanken künftig unterstützt würden, ergänzt Jens Kürschner, Business Manager Application Consulting Services von Oracle in Deutschland. Auch mit einen Zeitplan, wann mit konkreten Plänen zu rechnen sei, könne Oracle derzeit nicht dienen.

"Es wird kein Kunde auf der Strecke bleiben", versucht Kürschner derweil die Bedenken der Anwender zu zerstreuen. Der Oracle-Manager verweist auf die Support-Versprechen bis 2013. Bis dahin würden alle Peoplesoft- und J.D.-Edwards-Anwendungen weiter vertrieben, gewartet und unterstützt. Von jedem Punkt aus werde es einen Migrationspfad in Richtung Fusion geben. "Die Beständigkeit der Peoplesoft- und J.D.-Edwards-Lösungen war nie so sicher wie jetzt", verspricht der Oracle-Mann.

Um die unsicheren Kunden zu beruhigen, wird Oracle jedoch noch viel Vertrauensarbeit leisten müssen. Nachdem Oracle-Chef Lawrence Ellison kurz nach Bekanntgabe seiner Übernahmeabsichten gegenüber Peoplesoft getönt hatte, er werde die Lösungen des Wettbewerbers einstampfen, schwinge immer noch ein wenig Angst nach, berichtet Liedebrand. Künftige Upgrades müssten sich für die Deutsche Bahn rechnen. Den Mehrwert müsse er der Finanzabteilung genau belegen. Außerdem klopfe bereits die Konkurrenz an die Tür und biete alternative Lösungen an.

Bei Oracle scheint man sich dieses Problems zumindest bewusst zu sein. "Eine unsichere Kundenbasis ist infektanfällig", räumt Oracle-Manager Stürner ein. Dem gelte es mit verbesserter Kommunikation entgegenzuwirken. Die Möglichkeiten, spezifische Anforderungen des deutschen Marktes in der künftigen Entwicklung zu adressieren, schätzt Stürner für gut ein. Erfolge im Heimatmarkt der SAP würden im US-amerikanischen Hauptquartier hoch geschätzt. (ba)