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Cloudscape als Open Source: IBMs Schachzug im Datenbankmarkt

04.08.2004

Die IBM übergab ihre Java-Datenbank Cloudescape anlässlich der Linuxworld in San Francisco an die Apache Software Foundation. Dort soll sie unter dem Projektnamen "Derby" als quelloffene Software weiterentwickelt werden. Die Software umfasst eine halbe Million Zeilen Quellcode und repräsentiert nach IBM-Schätzungen einen Wert von 85 Millionen Dollar. Dabei handelt es sich allerdings um den Preis, den Informix 1999 dafür bezahlt hatte. Zwei Jahre später fiel die Software durch die Akquisition von Informix an die IBM.

So richtig glücklich wurde Big Blue mit der nebenbei erworbenen Java-Datenbank allerdings nicht. Bereits 2001 existierten Pläne, die Entwicklung von Cloudscape einzustellen oder sie als Open Source freizugeben. In der Zwischenzeit fand die Software in den Entwicklungsabteilungen von IBM indes Freunde, wo sie als eingebettete Datenbank für Java-Applikationen benutzt wird.

Genau für dieses Einsatzgebiet ist auch der Nachfolger Derby vorgesehen. Nach der kürzlichen Freigabe von "CA Open Ingres" als Open Source rätselten diverse Beobachter darüber, ob IBMs Ankündigung eine Antwort darauf sein könnte oder ob sie sich gegen MySQL richte. In ihrer Pressemitteilung stellt die IBM jedoch klar, dass sich Cloudscape nur für die unteren 30 Prozent des Datenbankmarktes eigne. Dazu zählen kleine Websites, Verkaufssysteme, lokale Repositories oder Applikationen auf Abteilungsebene. Aufgrund ihres geringen Speicherbedarfs von nur 2 MB empfehle sie sich auch für mobile Anwendungen.

Als Beweggrund für die Verwandlung von Cloudscape in eine freie Software gibt das Unternehmen an, dass es damit die Entwicklung von Java-Anwendungen fördern möchte. Darin könnte man eine Reaktion auf Microsoft sehen, das auf der diesjährigen TechEd eine kostenlose Express-Version des SQL Server angekündigt hatte. Wie bei Cloudscape soll es sich dabei um eine vollwertige relationale Datenbank handeln, die ohne Lizenzkosten in Anwendungen eingebettet werden darf. Sie wertet Windows und .NET als Entwicklungsplattform auf. Innerhalb des Java-Lagers dürfte die Entscheidung der IBM nicht nur Applaus ernten. Borland bietet mit JDataStore ein Konkurrenzprodukt an, dessen Verkaufschancen dadurch beeinträchtigt werden.

Strategische Bedeutung kommt IBMs Schachzug auch deshalb zu, weil Cloudscape einen wesentlichen Baustein des neuen Rich Client ausmacht. Der "Workplace"-Desktop beruht hauptsächlich auf dem Entwicklungs-Framework "Eclipse" und nutzt als Datenspeicher Cloudscape. Eclipse seinerseits ist auch freie Software und geht ebenfalls auf eine Code-Spende der IBM zurück. Mit der Freigabe der beiden wesentlichen Komponenten als Open Source schafft Big Blue einen Anreiz für unabhängige Softwarehäuser, die neue Client-Architektur zu nutzen.

Vorerst wird die Java-Datenbank jedoch den Incubator-Prozess bei Apache durchlaufen müssen, wo sie auf ihre Eignung als Apache-Software untersucht wird. Anschließend dürfte sie in das Projekt "Apache DB" aufgenommen werden. In der Zwischenzeit möchte die IBM eine kostenlose binäre Ausführung zum Download anbieten. Eine ausführliche technische Übersicht ist bereits auf developerworks erschienen. (ws)