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Business Objects kauft Crystal Decisions

21.07.2003
Überraschende Konsolidierung: Statt an die Börse zu gehen, lässt sich der Enterprise-Reporting-Anbieter Crystal Decisions für 830 Millionen Dollar vom BI-Spezialisten Business Objects schlucken.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Konsolidierung allerorten: Der BI-Softwarespezialist Business Objects hat am vergangenen Freitag überraschend angekündigt, er werde seinen Konkurrenten Crystal Decisions für 830 Millionen Dollar übernehmen. 300 Millionen Dollar zahlt Business Objects in bar, den Rest in 26,5 Millionen neuen eigenen Aktien. Das resultierende Gemeinschaftsunternehmen kommt auf 3800 Mitarbeiter, mehr als 737 Millionen Dollar Jahresumsatz (2002: Business Objects 466 Millionen Dollar, Crystal Decisions 271 Millionen Dollar) und über 20 Patente oder Patentanmeldungen.

Business Objects' CEO (Chief Executive Officer) Bernard Liautaud erklärte, der Zusammenschluss zur klaren Nummer eins im BI-Bereich mache Sinn: "Wir können nun den Markt mit dem besten Top-to-bottom-Angebot bedienen". Business Objects war bereits mehrfach selbst als Übernahmekandidat gehandelt worden. Es sprächen viele Gründe für die Unabhängigkeit von BI-Anbietern, meint Michael Skok, Chairman beim Wettbewerber Alphablox. Unter anderem müssten BI-Anwendungen in der Lage sein, Daten effektiv aus Applikationen unterschiedlichster Drittanbieter zu extrahieren. Skok, der gleichzeitig General Partner beim Wagniskapitalgeber North Bridge Venture Partners ist, erwartet dennoch, dass größere, langsamer wachsende Softwarefirmen künftig verstärkt BI-Anbieter aufkaufen.

Business Objects wurde in Frankreich gegründet, hat aber seinen operativen Hauptsitz im kalifornischen San Jose. Die Firma wurde 1994 als erstes europäisches Softwarehaus an der Nasdaq notiert. Ihr CEO Liautaud (41), bekennender Extremsportler, und Mitgründer Denis Payre genießen laut "Wall Street Journal" als Vertreter einer neuen Generation von Entrepreneuren Kultstatus in europäischen Business-Kreisen. Business Objects' Software wird in Unternehmen meist von einem kleineren Kreis höherrangiger Manager verwendet, um mit Ad-hoc-Abfragen die Leistung von Geschäftsbereichen oder Produktlinien zu analysieren.

Crystal Decisions, derzeit in Privatbesitz, hatte sich eigentlich für einen Börsengang registrieren lassen. Die 1984 im kanadischen Vancouver gegründete Firma sitzt seit ihrem Spin-off von Seagate Technology im Jahr 2000 in Palo Alto, Kalifornien. Sie hat mehr als 14 Millionen Kopien ihrer Software verkauft, die typischerweise in andere Anwendungen integriert wird, um Nutzern die Erzeugung von Reports mit interaktiven Charts und Grafiken zu erleichtern.

Bill Gibson, COO (Chief Operating Officer) von Crystal Decisions, ergänzte, die Möglichkeit, seine Firma mit einem führenden Anbieter wie Business Objects zu vereinen, mache letztlich mehr Sinn als börsennotiert allein zu agieren. Durch den Deal wird übrigens die Beteiligungsfirma Silver Lake Partners, die die Buyouts von Seagate und damit auch Crystal Decisions eingefädelt hatte, zum größten Aktionär von Business Objects. Business Objects erwartet, dass der Zusammenschluss im vierten Quartal 2003 abgeschlossen wird, bereits 2004 den operativen Gewinn erhöht und beide Firmen durch die Kombination rund 25 Millionen Dollar vor Steuern einsparen können.

Unabhängig von der Übernahme von Crystal Decisions gab Business Objects bekannt, es erwarte für sein Ende Juni abgeschlossenes zweites Quartal 127 bis 129 Millionen Dollar Umsatz sowie 17 bis 18 Cent pro Aktie Gewinn; im Vergleichzeitraum des Vorjahres hatte das Unternehmen auf Basis von 111,2 Millionen Dollar Umsatz einen Reingewinn von 11,9 Millionen Dollar oder 18 Cent je Anteilschein ausgewiesen. (tc)