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Dalvik statt Java Micro Edition

Android: Google umgeht Suns virtuelle Java-Maschine

19.11.2007
Google könnte wegen der Art und Weise, in der die neue Mobilfunkplattform Android Java nutzt, Streit mit Sun Microsystems bekommen. Anstatt die auf Standards basierende, weit verbreitete Java Micro Edition (JME) als Engine für Java-Anwendungen zu nutzen, hat Google für Android eine eigene Virtual Machine (VM) mit der Bezeichnung "Dalvik" geschrieben.

Möglicherweise hat Google die eigene VM nur gebaut, um Lizenzdiskussionen mit Sun zu umgehen, die bei der Nutzung von JME aufgekommen wären. Das zumindest mutmaßt Stefano Mazzocchi, Entwickler und Board-Mitglied bei den Apache Labs, auf den sich die Kollegen vom "IDG News Service" berufen. Handy-Hersteller, die JME in ihre Geräte integrieren, müssen demnach Lizenzen von Sun erwerben, sobald sie Modifikationen anstreben, die sie nicht mit der Community teilen wollen. Viele Hersteller von Mobitelefonen machen davon Gebrauch.

Damit die Handy-Bauer keine JME-Lizenzen erwerben müssen, hat Google laut Mazzocchi seine eigene VM entwickelt. Sie konvertiert den Ausführungen zufolge Java- in Dalvik-Bytecode. So lassen sich Java-Programme ausführen, ohne dass eine Virtual Machine oder andere Komponenten von Sun genutzt werden. Dabei hatte die Open Handset Alliance (OHA) angekündigt, dass Anwendungen für Android ausschließlich in Java zu entwickeln sind.

Google hat bislang keinen Kommentar zu Dalvik abgegeben. "Ich glaube, Sun hat das nicht kommen sehen”, meint Mazzocchi. "Das war ein cleverer Schachzug von Google. Allerdings könnte Google noch Ärger bekommen. Sollten sie geistiges Eigentum von Sun benutzt haben, um Dalvik zu bauen, könnte Google wegen Patentverletzung verklagt werden", meint Mazzocchi. "Ich bin neugierig, wie sich Sun jetzt verhalten wird." Die Company sei eine überzeugte Vertreterin der Open-Source-Sache und werde wahrscheinlich keinen Streit mit Google anfangen wollen, wenn es um ein so bedeutendes Projekt wie Android gehe.

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Mobilfunk-Plattform Android – ein Überblick

FAQ zu Android (Quelle: Google).

Andererseits trifft Googles Schritt die Geschäftsstrategie von Sun hart. Mazzocchi glaubt, dass Sun große Chancen im Mobile-Markt sieht und Hoffnungen in Geschäfte mit Handy-Herstellern setzt, die mit Suns Java Virtual Machine planen. Google habe diese Chance für Sun mit der eigenen VM reduziert. Bislang hat Sun das Problem nicht kommentiert. CEO und President Jonathan Schwartz gratulierte Google ins seinem Weblog und zählte Android zur Klasse der "Java/Linux-Plattformen". Google aber hatte es bislang sorgfältig vermieden, Android als Java-Plattform zu bezeichnen. Das Android-SDK wurde lediglich als Toolset beschrieben mit dem Entwickler Anwendungen schreiben können, die Java nutzen.

Rich Green, bei Sun Executive Vice President für Software, meldete sich auf Oracles Hausmesse Open World zu Wort: "Wir reichen Google die Hand und gehen davon aus, dass sie das auch tun werden, damit wir zusammen sicherstellen, dass Software und APIs kompatibel sind. Die Auslieferung der Anwendungen muss auf möglichst vielen verschiedenen Plattformen möglich sein." Sun wolle mit Google zusammenarbeiten, um die Entstehung einer fragmentierten mobilen Entwicklungsumgebung zu vermeiden.

Für Programmierer ist aber die mobile Entwicklungswelt schon längst fragmentiert. Auch mit JME müssen Anwendungen an die verschiedenen Handys angepasst werden. JME bietet mit seinen diversen Implementierungen und Profilen schon längst keine Plattformunabhängigkeit mehr. Bislang reichte es aber meistens aus, Programme in einigen Details anzupassen. Die Frage ist nun, ob sich Entwickler weiter an den Java-Standard von Sun halten oder das Risiko eingehen, für die Android-Plattform zu entwickeln. Bei aller Begeisterung: Bis heute gibt es noch kein Handy, dass mit der neuen Plattform arbeitet. (hv)