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Umstieg von XP für Unternehmen unerwartet schwierig

Analysten: Vista hat die Erwartungen verfehlt

12.11.2007
Klar, das Consumer-Geschäft mit Vista brummt ordentlich. Firmen steigen aber weit zögerlicher auf das neue Windows um als gedacht.

Zu diesem Schluss kommen Analysten rund ein Jahr nach der Einführung von Vista. Am 8. November 2006 hatte der damalige Entwicklungschef bei Microsoft, Jim Allchin, angekündigt, Vista habe RTM-Status (Release to Manufacturing) erreicht - der erste Schritt zur Freigabe später in dem Monat an Volumenlizenzkunden und dann im Januar für Endverbraucher. "Dies ist ein guter Tag, ich bin super happy", erklärte Allchin damals gegenüber Journalisten in einer Telefonkonferenz.

Im Januar ging Allchin dann in den wohlverdienten Ruhestand. Wäre er heute noch bei Microsoft, dann wäre er vermutlich nicht mehr super happy. "Die Aufnahme von Vista ist viel niedriger als gedacht", konstatiert der Gartner-Analyst Michael Silver. "Die Unternehmen liegen offensichtlich deutlich hinter ihrer eigenen Einschätzung von vor einem Jahr zurück." Bei einem Vergleich von Umfragen unter Anwendern zur Vista-Einführung von Oktober 2006 und Oktober 2007 falle auf, dass Firmenjetzt neun bis zwölf Monate hinter ihrer ursprünglichen Prognose lägen.

"Sie haben die Fähigkeiten ihrer Lieferanten überschätzt, Vista-fähige Versionen ihrer Applikationen bereitszustellen, sie haben die Schwierigkeiten beim Wechsel auf Vista unterschätzt und sie haben den Mehrwert von Vista überschätzt", begründet Silver die Verzögerungen. "Insgesamt läuft das Deployment viel langsamer", sagt der Gartner-Mann. "Wir hören jetzt eine Menge Leute über Ende 2008, Anfang 2009 reden. Früher hatten sie noch von Ende 2007, Anfang 2008 gesprochen."

Einen weiteren Aspekt bringt Michael Cherry von Decisions on Microsoft ins Spiel. "Vista ist vollkommen ein Produkt für neue Hardware", sagt der Experte, der Unternehmen empfiehlt, auf vorhandenen Rechnern das bestehende Betriebssystem zu belassen. "Man muss mit den Hardware-Systemvoraussetzungen von Vista wirklich vorsichtig umgehen." Viele Unternehmen unterschätzten, was man benötige, um Vista wirklich zu betreiben.

Microsoft hat für Vista enorme Verkaufszahlen gemeldet, zuletzt vor etwa zwei Wochen 88 Millionen (im Handel) verkaufte Kopien, doppelt so viele wie nach der Einführung der Vorversion Windows XP im Jahr 2001. Als kompletten Reinfall mag angesichts dessen Vista natürlich kein Analyst bezeichnen.

"Fehlstart kann man das wohl kaum nennen", räumt Experte Cherry ein. "Jede andere Firma würde sich einen Produkt-Launch wie diesen wünschen." Microsoft sei aber nicht irgendeine Firma. "Microsoft kann es sich leisten zu warten, bis Vista ein Erfolg wird."

Gartner-Mann Silver urteilt ein wenig harscher: "Vista hat für Consumer erreicht, was wir erwartet hatten; bei Unternehmen aber weniger", so der Analyst. "Die Leute haben erkannt, dass es beim Upgrade eine Menge Stolpersteine gibt, vor allem wenn das nach etwas Gutem und Stabilem wie Windows XP kommt."

Genau hier liegt aus Sicht von Silver einer der Gründe für Vistas schlechten Ruf und seine unerwartet langsame Verbreitung im Enterprise-Marktsegment. "Wenn man von einem Betriebssystem kommt, das nicht so toll war, fallen die Problemchen nicht so auf", sagt der Gartner-Mann und führt den Schritt von Windows Millenium zu XP als perfektes Beispiel an. "Wenn man aber von etwas Stabilem wie XP umsteigt und bei Instabilität endet, dann multipliziert sich das alles." (tc)