CRM-Systeme sollen intelligenter werden

12.11.2007
Die Ansprüche an Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRM) steigen. Weg vom reinen Datenreservoir sollen die Systeme künftig helfen, Prozesse rund um Marketing, Vertrieb und Service effizienter zu steuern.

Der Trend geht hin zu intelligenteren CRM-Systemen. Das war auf der diesjährigen CRM Expo in Nürnberg auf vielen Messeständen zu spüren. Während Werkzeuge für die Datenverwaltung und die Anbindung an mobile Endgeräte mittlerweile fast schon zum Standard einer Kunden-Management-Software gehören, geht es für die Hersteller bei den künftigen Produktgenerationen vor allem darum, die Abläufe im Vertrieb, Marketing und Service bei den Kunden besser zu unterstützen. Im Vordergrund stehen beispielsweise bessere Filtermechanismen, um Kampagnen zielgerichteter zu steuern, sowie klar definierte Eingaberegeln für Informationen, um den Datenbestand sauber und aktuell zu halten.

Thomas Deutschmann, CEO der Update Software AG prognostiziert, dass Business Intelligence (BI) als eigenständiges Softwarethema bald erledigt sein wird. Es gebe keinen Sinn, dass Daten aus Business-Applikationen in ein BI-System transferiert, dort analysiert und dann wieder in die Anwendung zurück geschrieben würden. In Zukunft würden Hersteller BI-Funktionen mehr und mehr fest in Applikationen wie CRM integrieren. Beispielsweise könnte ein Kunden-Management-System Daten für Marketing-Kampagne effizienter herausfiltern, um eine gezieltere und spitzere Kundenansprache zu ermöglichen. Die Zeiten, in denen CRM lediglich als ein besseres Spam-Werkzeug diente, seien vorbei.

Auch SAP setzt verstärkt auf intelligente CRM-Systeme, berichtet Timo Kirchner, Vertriebsleiter für die CRM-Lösungen von SAP in Deutschland. Als Beispiel führt er ein Simulations-Tool aus dem Bereich Pipeline Performance Management (PPM) an. Damit könnten Anwender genauere Prognosen über den möglichen Erfolg einzelner Kampagnen treffen. Basis für ein effizientes CRM sei jedoch eine konsistente Datenbasis. Die Bereinigung von Stammdaten beschäftige Kirchner zufolge derzeit viele Unternehmen. Es passiere schnell, Unordnung in seine Datenbasis zu bringen. Um dies zu verhindern, müssten Kontrollprozesse implementiert und automatisierte Prüfmechanismen in der Software eingerichtet werden.

Die Datenqualität steht auch im Fokus des CRM-Anbieters CAS. Der Karlsruher Softwarehersteller stattet Version 9 von "Genesis World" beispielsweise mit effizienteren Werkzeugen aus, um Adressen zu erfassen. Der Adress-Assistent analysiert unstrukturierte Kontaktinformationen und wandelt diese automatisiert in strukturierte Datensätze um. Mit Hilfe von Konsistenzprüfungen lassen sich unvollständige Eingaben vermeiden. Außerdem kann der Datenbestand auf Dubletten untersucht werden.

Hersteller wollen den Mittelstand für CRM begeistern

Chancen auf neue Märkte sehen die CRM-Anbieter vor allem im Mittelstand. Lediglich 20 Prozent der deutschen Mittelständler arbeiteten mit einem modernen CRM-System, schätzt CAS-Sprecherin Martina Wöhr (siehe auch: Viele Mittelständler verzichten auf CRM). Zwar verfügten die anderen 80 Prozent auch über eine Art Kunden-Management. Dabei handle es sich aber meist um Hilfswerkzeuge beispielsweise auf Excel-Basis oder Karteisysteme. Projekte mit dieser Klientel seien jedoch nicht einfach. Wöhr zufolge ist das Wissen über CRM unter der mittelständischen Klientel sehr unterschiedlich ausgeprägt. "Manche wissen sehr genau, was sie wollen, andere fangen komplett auf der grünen Wiese an."

"Der Mittelstand lebt nicht im Mittelalter", warnt dagegen Werner Keller, Vice President für den Bereich Application Sales bei Oracle, diese Kundengruppe als CRM-untauglich abzustempeln. Mittelständler würden ihre Kunden weit besser kennen als Großunternehmen. "Sie sind viel näher dran."

Viele CRM-Hersteller wollen den Mittelstand mit On-Demand-Angeboten ködern. Das Interesse der Kunden an den CRM-Mietangeboten nimmt kontinuierlich zu, gaben fast alle Anbieter auf dem Nürnberger Messegelände zu Protokoll. Wir bekommen immer mehr Anfragen, sagt beispielsweise Oracle-Manager Keller. Die Interessenten kämen aus den unterschiedlichsten Unternehmensgruppen, vom Kleinbetrieb bis zum Dax-30-Konzern. Im Grunde reiche der Funktionsumfang von CRM-on-Demand völlig aus. Selbst Oracle könnte seinen CRM-Bedarf mit einer standardisierten Mietlösung decken.

Die meisten Vorbehalte gegen das On-Demand-Modell seien mittlerweile ausgeräumt, stellt Keller fest. Beispielsweise frage heute kaum noch ein Kunde, wo seine Daten gespeichert würden. "Die Zeit des Evangelisierens ist vorbei", bestätigt Peter Steindl, verantwortlich für das hiesige Großkundengeschäft von Salesforce.com. Fragten die Kunden früher sofort nach der Sicherheit ihrer Daten, sei dies heute lediglich ein Nebenaspekt kurz vor der Vertragsunterzeichnung.

Der große CRM-Test

Die Gesellschaft zur Prüfung von Software (GPS) aus Ulm hat zehn CRM-Systeme unter die Lupe genommen: Adito online, CAS Genesis World, Cursor CRM von Carmen, Microsoft Dynamics CRM, Pisa Sales, Sage CRM, Saratoga CRM, Siebel CRM von Oracle, Update Seven und Wice CRM-Groupware. Aus Sicht der Prüfer gab es zwar keinen Sieger. Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Lösungen, was die Eignung für bestimmte Einsatzgebiete betrifft, jedoch beträchtlich. Einen Zusammenfassung des Tests lesen Sie in kürze Online auf www.computerwoche.de und in der Ausgabe CW 47/07.

Allerdings muss sich auch der On-Demand-Pionier an die sich ändernden Marktgegebenheiten anpassen. Das Konzept, ein System für alle anzubieten, funktioniere nicht mehr. Daher biete Salesforce.com je nach Firmengröße verschiedene Editionen an. Dazu kommen Steindl zufolge Zusatzlösungen, die Softwarepartner auf der On-Demand-Plattform anbieten. Derzeit sind rund 700 Applikationen zu haben. In Deutschland gebe es mittlerweile über zehn Partner, die entsprechende Programme entwickeln und anbieten.

An der Grundidee von On-Demand, die Lösung auf einer gemeinsamen und vor allem einheitlichen Infrastrukturbasis anzubieten, will Steindl indes nicht rütteln. Nur so sei es möglich, neue Entwicklungen effizient und zügig umzusetzen. Salesforce.com müsse keine Alt-Versionen pflegen. Dagegen sei bei den On-Demand-Bemühungen der klassischen Softwareanbieter Skepsis angebracht. Bei einem Hybridmodell, wie es beispielsweise SAP favorisiere, drifteten irgendwann die Release-Stände auseinander, prognostiziert der Salesforce.com-Manager. Damit gingen die Vorteile des reinen On-Demand-Modells verloren.

Software-as-a-Service-Modell wird sich durchsetzen, meint auch CAS-Managerin Wöhr. Anwender fänden sich zunehmend mit standardisierten Lösungen ab. Zwar sei gerade im Mittelstand immer noch der Ansatz weit verbreitet, die eigenen Prozesse eins zu eins in der Software abbilden zu wollen. Wenn jedoch eine Standard-Lösung die Anforderungen zu 90 Prozent effizient abdecke, seien immer mehr Firmen bereit, sich darauf einzulassen.

On-Demand ist kein CRM-Allheilmittel

"Generische Lösungen sind für unsere Kunden nicht interessant", sagt dagegen Update-CEO Deutschmann. Aus seiner Sicht werden auch in Zukunft Branchenkompetenz und entsprechend angepasste CRM-Lösungen weiter gefragt bleiben. Der Anbieter setzt dabei auf ein "Zwiebelmodell". Rund um einen einheitlichen Softwarekern lassen sich mit verschiedenen Templates, Cockpits sowie Parametrisierungen und Customizing individuelle Lösungen konfigurieren.

Auch Microsoft bleibt in Sachen CRM-on-Demand zurückhaltend. Zwar hat der Konzern in den USA mit CRM-Live ein entsprechendes Angebot vorgestellt, in Europa werde man aber "bis auf weiteres von diesem Modell absehen", hieß es in Nürnberg. Microsoft favorisiert On-Premise- und Hosting-Angebote. Für Letztere will das hiesige Management weitere Partner gewinnen. Aktuell verhandelt man mit T-Systems über das Hosting der aktuellen Version "Dynamics CRM 4.0". Außerdem hat Microsoft zuletzt die Partnerpreise für die Software um 40 Prozent gesenkt, um die Hosting-Anreize zu erhöhen (siehe auch: Microsoft senkt Hosting-Lizenzkosten für CRM).

SAP sieht seine CRM-on-Demand-Offerten als schnellen Einstieg in das Thema Kunden-Management. Kunden könnten jederzeit von der Mietlösung auf eine On-Premise-Variante umsteigen. Dies sei insofern interessant, da Mietlösungen im Laufe der Zeit auch teuer würden, meint SAP-Manager Kirchner. Allerdings macht SAP nach wie vor ein großes Geheimnis aus seinem On-Demand-Auftritt im CRM-Markt. Auch nach rund eineinhalb Jahren will der Walldorfer Konzern nicht mit der Sprache herausrücken, wie viele Kunden SAPs CRM-on-Demand einsetzen. (ba)

Messesplitter von der CRM Expo 2007

CAS wird mit den kommenden Versionen seine SaaS-Strategie weiter ausbauen. Zudem ist eine neue Lösung speziell für kleine und mittelgroße Unternehmen geplant. Mit zusätzlichen Assistenten-Funktionen soll die CRM-Lösung die Anwender effizienter unterstützen.

Microsoft hat sein neues Release "Dynamics CRM 4.0" in Nürnberg erstmals gezeigt. Die Software soll ab Anfang kommenden Jahres in der deutschen Version erhältlich sein. Dynamics CRM 4.0 ist laut Hersteller mehrinstanzen-, mehrsprachen- und mehrwährungsfähig. Partner und Kunden können mit Hilfe der "Windows Workflow Foundation" eigene CRM-Prozesse definieren und im System implementieren. Damit soll sich die Software stärker an die Bedürfnisse der einzelnen Kunden anpassen lassen. Neben dem Workflow-Management stand bei dem aktuellen Release die engere Anbindung an andere Microsoft-Produkte wie beispielsweise "Outlook" im Vordergrund.

SAP wird Anfang Dezember sein neues CRM-Release 2007s vorstellen und in die Ramp-up-Phase schicken. Ab der zweiten Hälfte 2008 soll es einen festen CRM-Kern geben. Neue Releases und Migrationsprojekte sollen dann der Vergangenheit angehören. Wie bei den ERP-Lösungen werden Erweiterungen dann mit Hilfe von "Enhancement Packages" eingespielt.