Die Zukunft der IT-Organisationen

Yes we can - Oder doch Dr. No?

05.02.2013
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.
Mobility, Big Data, Social Media und Cloud sind Themen, die heute auf IT-Organisationen einstürmen. Doch nicht immer ist in den Unternehmen geklärt, welche Rolle die zentrale IT hierbei spielen soll.
Milind Govekar, Gartner: "Manchmal werden IT-Verantwortliche sogar für die Kaffeemaschine verantwortlich gemacht."
Milind Govekar, Gartner: "Manchmal werden IT-Verantwortliche sogar für die Kaffeemaschine verantwortlich gemacht."
Foto: Gartner

"Mir hat mal die IT-Verantwortliche einer großen schwedischen Produktionsfirma resignierend gesagt, sie werde in ihrem Unternehmen sogar dafür verantwortlich gemacht, dass die Kaffeemaschine nicht funktioniert. Da sei schließlich ein Computerchip drin." Milind Govekar von Gartner Research in London erzählt lachend diese Anekdote aus seinem Berateralltag. Sein Job ist es, Unternehmen Wege aufzuzeigen, wie sie ihre Geschäftsinteressen mit Hilfe der IT realisieren können.

Govekar weiß, welchen Vorurteilen IT-Organisationen in Unternehmen begegnen - und wie sehr manche IT-Verantwortliche und -Mitarbeiter unter ihrem schlechten Ruf leiden. Sie fühlen sich als Prügelknaben, die für alles verantwortlich gemacht werden,was im Unternehmen nicht klappt.

"Die nennen uns hier nur Dr. No"

Informatikern eines Unternehmens haftet der Ruf der Geht-nicht-Sager an, der Blockierer, die Hindernisse auf dem Weg zu neuen Geschäftsideen aufbauen, anstatt sie zu beseitigen. "Der CIO eines großen deutschen Konzerns brachte es mal auf den Punkt," erzählt Govekar. "Die nennen uns hier nur Dr. No!" - die Mensch gewordene Verweigerungshaltung.

Peter Burghardt, Managing Director bei TechConsult: "IT-Verantwortliche haben sich durch ihre scheinbar einzigartige Kompetenz im Unternehmen eine Art ‚Unentbehrlichkeit‘ aufgebaut."
Peter Burghardt, Managing Director bei TechConsult: "IT-Verantwortliche haben sich durch ihre scheinbar einzigartige Kompetenz im Unternehmen eine Art ‚Unentbehrlichkeit‘ aufgebaut."
Foto: TechConsult

Peter Burghardt relativiert diese Sicht, wenngleich derlei Vorurteilen ein Kern Wahrheit innewohne. "Das ist historisch begründet. IT-Verantwortliche haben sich durch ihre scheinbar einzigartige Kompetenz im Unternehmen eine Art ‚Unentbehrlichkeit‘ aufgebaut." Das habe "in einigen Fällen zu einer Überbewertung der eigenen Funktion" geführt, konstatiert der Managing Director beim Marktforschungs- und Beratungsunternehmen TechConsult. Fatalerweise ging damit einher, dass IT-Organisationen die "Wünsche interner Kunden, der Fachabteilungen, vernachlässigten," fährt Burghardt fort.

In Unternehmen geht es aber heutzutage genau um dieses Aufmerksamkeitsdefizit, ringt doch inzwischen oft das Business mit der IT um die Lufthoheit in Sachen Innovation durch IT.

Die Nase voll

Dabei scheint die Sachlage vordergründig klar: Forrester Research sagt es. Experton meint es. IDC und Gartner stimmen zu: Fachabteilungen haben genug von ihren scheinbar allzu phlegmatischen IT-Abteilungen und besorgen sich in der Cloud, was ihnen die internen IT-Verantwortlichen nicht bieten können oder wollen.

Risiken durch Alleingänge

Rüdiger Gleba, Director Corporate IT-Infrastructure Strategy bei der Continental AG, fragt: "Super, und wie kriege ich jetzt die Verbindung hin zu den etablierten Lösungen?"
Rüdiger Gleba, Director Corporate IT-Infrastructure Strategy bei der Continental AG, fragt: "Super, und wie kriege ich jetzt die Verbindung hin zu den etablierten Lösungen?"
Foto: Rüdiger Gleba

Einhelliges Fazit der Analysten: Das Business bedient sich der Dienste von Cloud Service Providern, wenn sie schnell Lösungen für neue Geschäftsmodelle, Vertriebskonzepte oder Marketingaktionen realisiert haben wollen. Oft beginnen damit aber die Schwierigkeiten erst richtig.

Nicht nur schaffen solche Alleingänge aus dem Business Probleme bezüglich der Sicherheit und der Integrität der Unternehmens-IT, berühren somit vitale Aspekte der Corporate Governance. Sie provozieren zudem eine berechtigte Reaktion: "Super, und wie kriege ich jetzt die Verbindung hin zu den etablierten Lösungen?" Diese Frage stellt Rüdiger Gleba, Director Corporate IT-Infrastructure Strategy bei der Hannoveraner Continental AG, wohl stellvertretend für viele seiner Kollegen. Allerdings relativiert er, er könne aus eigener Erfahrung nicht sagen, "dass die so genannten Cloud-Angebote die IT in den Hintergrund drängen."