"Mir hat mal die IT-Verantwortliche einer großen schwedischen Produktionsfirma resignierend gesagt, sie werde in ihrem Unternehmen sogar dafür verantwortlich gemacht, dass die Kaffeemaschine nicht funktioniert. Da sei schließlich ein Computerchip drin." Milind Govekar von Gartner Research in London erzählt lachend diese Anekdote aus seinem Berateralltag. Sein Job ist es, Unternehmen Wege aufzuzeigen, wie sie ihre Geschäftsinteressen mit Hilfe der IT realisieren können.
Govekar weiß, welchen Vorurteilen IT-Organisationen in Unternehmen begegnen - und wie sehr manche IT-Verantwortliche und -Mitarbeiter unter ihrem schlechten Ruf leiden. Sie fühlen sich als Prügelknaben, die für alles verantwortlich gemacht werden,was im Unternehmen nicht klappt.
"Die nennen uns hier nur Dr. No"
Informatikern eines Unternehmens haftet der Ruf der Geht-nicht-Sager an, der Blockierer, die Hindernisse auf dem Weg zu neuen Geschäftsideen aufbauen, anstatt sie zu beseitigen. "Der CIO eines großen deutschen Konzerns brachte es mal auf den Punkt," erzählt Govekar. "Die nennen uns hier nur Dr. No!" - die Mensch gewordene Verweigerungshaltung.
Peter Burghardt relativiert diese Sicht, wenngleich derlei Vorurteilen ein Kern Wahrheit innewohne. "Das ist historisch begründet. IT-Verantwortliche haben sich durch ihre scheinbar einzigartige Kompetenz im Unternehmen eine Art ‚Unentbehrlichkeit‘ aufgebaut." Das habe "in einigen Fällen zu einer Überbewertung der eigenen Funktion" geführt, konstatiert der Managing Director beim Marktforschungs- und Beratungsunternehmen TechConsult. Fatalerweise ging damit einher, dass IT-Organisationen die "Wünsche interner Kunden, der Fachabteilungen, vernachlässigten," fährt Burghardt fort.
In Unternehmen geht es aber heutzutage genau um dieses Aufmerksamkeitsdefizit, ringt doch inzwischen oft das Business mit der IT um die Lufthoheit in Sachen Innovation durch IT.
- Die Zukunft der IT-Organisation
Mobility, ByoD, Big Data, Social Media und Cloud sind Paradigmen, die heute als Anforderungen aus dem Management und den Fachabteilungen auf IT-Organisationen einstürmen. - Milind Govekar, Gartner:
Manchmal werden IT-Verantwortliche sogar für die Kaffeemaschine verantwortlich gemacht. - Peter Burghardt TechConsult:
"IT-Verantwortliche haben sich durch ihre scheinbar einzigartige Kompetenz im Unternehmen eine Art ‚Unentbehrlichkeit‘ aufgebaut." - Rüdiger Gleba, Continental AG:
Rüdiger Gleba, Continental AG: und wie kriege ich jetzt die Verbindung hin zu den etablierten Lösungen?" - Matthias Ziegler von Accenture meint:
"Sobald Systeme integriert werden müssen, führt an der IT kein Weg vorbei." - Metasonic fragte ...
... im Auftrag der Software Initiative Deutschland e.V, warum Fachabteilungen sich an Cloud-Service-Provider wenden. - Andreas Zilch von Experton fühlt ...
... sich bei der Debatte um Fachabteilungen contra IT-Organisationen an frühere Zeiten erinnert: "Heutzutage passiert das, was ich Client-Server 2.0 nenne." - IDC fragte Unternehmen,
welche Vorkehrungen diese treffen, um Sicherheitsrisiken beim Einsatz von mobilen Geräten zu minimieren. - Bei der Frage,
wo eigentlich in Zeiten von Cloud die Firmendaten lagern, wurde in einer Varonis-Studie auch große Ahnungslosigkeit offenbar. - IDC befragte Unternehmen,
welche Strategie diese verfolgen, wenn sie sich dem Thema Cloud Computing widmen. Fazit: Cloud-Aktivitäten werden stark genutzt. - Matthias Kunisch,
Geschäftsführer des SaaS-Anbieters Forcont Business Technology GmbH, meint, die IT unterstütze das Business nicht nur, sie mache es in Teilen überhaupt erst möglich. - Axel Oppermann von Experton ...
... prägt den Begriff vom "disruptive Wettbewerbsfaktor des 21. Jahrhunderts". Disruptive Entwicklungen könnten bestehende Wertesysteme unterbrechen. - In einer Big-Data-Studie von BT ...
... wurde unter anderem erforscht, wie Massendaten entstehen und woher sie kommen. Zentrale Treiber für das Datenwachstum von außen sind: (siehe Grafik) - Auch in Unternehmen wachsen ...
... die Datenberge ständig. Grund hierfür sind: (siehe Grafik) - Carlo Velten, Senior Advisor bei der Experton Group:
"Die Herausforderungen des Datenwachstums müssen zuerst auf der Infrastrukturseite gemeistert werden." - Die BT-Studie ...
... zu Beweggründen, eine ByoD-Strategie zu verfolgen, ergibt deutliche Ergebnisse: Firmen versprechen sich u.a. Wettbewerbsvorteile, eine höhere Produktivität und eine verbesserte Flexibilität. - Erhard Klein, CIO von Winterhalter,
hat Bedenken wegen ByoD. Er sieht den "mündigen Mitarbeiter" noch nicht: ""Der User klickt doch auf alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist." - Social Media in deutschen Unternehmen:
Nach einer Bitkom-Untersuchung haben hierzulande vor allem kleine und mittelständische Unternehmen Nachholbedarf. - Udo Nadolski von Harvey Nash:
"Mobilität und Social Media zusammen sind Haupttreiber für die Umwälzungen von Organisationen." - Kaspersky Lab hat ...
... im Juli 2012 untersucht, welche Smartphone-Plattformen durch Malware am meisten gefährdet sind. Das Ergebnis ist eindeutig. - Bitkom-Vizepräsident Heinz-Paul Bonn meint,
dass kleine und mittelständische Unternehmen die Möglichkeiten von Social Media nicht konsequent nutzen. - Peter Ratzer, Deloitte:
"Mobility, Cloud, Social Media sind neue Anforderungen." - Arne Josefsberg, ServiceNow:
"CIOs von morgen sollten auch an den ganz großen Tischen im Unternehmen sitzen."
Die Nase voll
Dabei scheint die Sachlage vordergründig klar: Forrester Research sagt es. Experton meint es. IDC und Gartner stimmen zu: Fachabteilungen haben genug von ihren scheinbar allzu phlegmatischen IT-Abteilungen und besorgen sich in der Cloud, was ihnen die internen IT-Verantwortlichen nicht bieten können oder wollen.
Risiken durch Alleingänge
Einhelliges Fazit der Analysten: Das Business bedient sich der Dienste von Cloud Service Providern, wenn sie schnell Lösungen für neue Geschäftsmodelle, Vertriebskonzepte oder Marketingaktionen realisiert haben wollen. Oft beginnen damit aber die Schwierigkeiten erst richtig.
Nicht nur schaffen solche Alleingänge aus dem Business Probleme bezüglich der Sicherheit und der Integrität der Unternehmens-IT, berühren somit vitale Aspekte der Corporate Governance. Sie provozieren zudem eine berechtigte Reaktion: "Super, und wie kriege ich jetzt die Verbindung hin zu den etablierten Lösungen?" Diese Frage stellt Rüdiger Gleba, Director Corporate IT-Infrastructure Strategy bei der Hannoveraner Continental AG, wohl stellvertretend für viele seiner Kollegen. Allerdings relativiert er, er könne aus eigener Erfahrung nicht sagen, "dass die so genannten Cloud-Angebote die IT in den Hintergrund drängen."