Wenn ein Thema die strategische Ausrichtung und operativen Maßnahmen im IT-Management der Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren beherrschte, dann war es ITIL. An diesem Thema kam praktisch kein IT-Verantwortlicher vorbei. Das Regelwerk hatte wie kaum eine Methodik zuvor gewaltigen Einfluss auf das Selbstverständnis und die Strukturen in den IT-Services, denn es ersetzte die funktionalen Organisationsprinzipien durch Prozessdenken.
Diese Neuorientierung war schon wegen des effizienteren Einsatzes der immer knapperen IT-Ressourcen notwendig. Zudem lässt sich die heute typische Prozessorientierung auf der Business-Ebene nur begrenzt mit einem funktionsorientierten IT-Service-Management (ITSM) kombinieren. Eine solche Konstellation würde zu erheblichen Friktionen, Leistungsverlusten und beträchtlichen Fehlerrisiken führen und damit die Performance in den Geschäftsprozessen gefährden.
Insofern haben die IT-Organisationen einen guten Job gemacht, als sie mittels der ITIL-Strategien auch die Prozessorientierung etablierten. Sie schufen damit eine prozessuale Durchgängigkeit zu den Geschäftsabläufen. Ohne diese Weichenstellung wären künftige Steuerungsmodelle für Business-bezogene IT-Services kaum möglich; es würde der klare Ordnungsrahmen fehlen.
ITIL-Projekte verursachen einen großen Energieaufwand mit meist erheblichen Investitionen in die Reorganisationen und Mitarbeiterschulungen. Sie zahlt sich insofern aus, als sie eine entscheidende Investition in die Zukunftsfähigkeit der IT und des Unternehmens darstellt. Daneben ist die systematische Prozessgestaltung auf der operativen Ebene eine wichtige Voraussetzung für alle weiteren Optimierungsinitiativen im Betrieb.
- Was ohne Itil geht - und was nicht
Die IT Infrastructure Library, kurz Itil, hat sich zum Quasi-Standard im IT-Service-Management entwickelt. Manche sagen, es ginge auch ohne Itil. Was allerdings zu beweisen wäre. - Ohne Itil ...
... fehlt die Grundordnung für komplexe ITSM-Strukturen. - Ohne Itil ...
... kann die IT die Wettbewerbsanforderungen des Unternehmens nicht erfüllen. - Ohne Itil ...
... büßen die ITSM-Verantwortlichen strategische Durchsetzungkraft ein - Ohne Itil ...
... verlieren sich IT-Services im Dickicht schlecht abgestimmter Einzelprozesse. - Ohne Itil ...
... lassen sich viele Einsparungspotenziale nicht ausschöpfen. - Ohne Itil ...
... muss die Qualitätssteuerung ohne Kennzahlensysteme auskommen. - Ohne Itil ...
... hat die IT Schwierigkeiten, ihren Wertbeitrag konkret nachzuweisen. - Ohne Itil ...
... sind die Möglichkeiten der Compliance-Kontrolle eingeschränkt.
Der nächste Schritt in der Evolution
Trotzdem stellen sich die IT-Verantwortlichen zunehmend die Frage, ob die Implementierung von Prozessstrukturen schon die notwendigen Bedingungen für ein leistungsorientiertes Management der IT-Services erfüllt. Tatsächlich wurde ein -eminent wichtiger - Meilenstein im Evolutionsprozesse der IT-Organisationen erreicht. Aber die Prozessgestaltung darf doch keineswegs gleichgesetzt werdne mit der konkreten Leistungsfähigkeit jedes einzelnen IT-Services: Im einen Fall handelt es sich um die strukturelle Ebene, im anderen um die Prozessqualität. Der Evolutionsweg der IT führt nach der Etappe des funktionsorientierten Managements und dem anschließenden Aufbau eines prozessorientierten Managements zum qualitätsorientierten Management.
Dasselbe Phänomen lässt sich überall bei neuen Techniken und Methoden beobachten. Dort wird typischerweise zunächst der Fokus auf die Etablierung im Markt gerichtet; in der weiteren Entwicklung rückt die qualitative Ausformung in den Mittelpunkt. So etwa beim Mobiltelefon: Anfangs reichte löst die Möglichkeit des Telefonierens unterwegs bei den Benutzer schon ein persönliches Glücksgefühl aus. Doch als das Handy zur Selbstverständlichkeit geworden war, fragten die Nutzer gezielt Qualitätsmerkmale nach: Netzverfügbarkeit, Bedienbarkeit, technische Integrationsfähigkeit und anderen Endgeräte-Features .