Offshoring in Deutschland

Die Inder sind da

06.09.2010
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Warum die Inder nach Deutschland kommen

Lange Zeit haben die indischen Provider den deutschen Markt ignoriert. Lukrative Aufträge in den USA und Großbritannien reichten ihnen aus. "Innerhalb von zehn Jahren ist Infosys von 5000 auf 110.000 Mitarbeiter gewachsen, getrieben hauptsächlich von der gewaltigen Nachfrage auf dem angloamerikanischen Markt", schildert Franz-Josef Schürmann, Deutschland-Chef von Infosys, die rasante Entwicklung der vergangenen Jahre. "Angesichts eines solchen Wachstums standen Deutschland und Europa nicht so sehr im Fokus."

Quelle: Torsten Gründer
Quelle: Torsten Gründer
Foto: Torsten Gründer

Grund für die Konzentration auf den britischen und amerikanischen Markt ist unter anderem, dass den Indern dort die Geschäfte leichter fallen. Es gibt keine Sprachbarriere, denn alle Partner sprechen englisch. Zu britischen Unternehmen unterhalten die Firmen vom Subkontinent aufgrund der gemeinsamen Historie traditionell enge Beziehungen. Und die Amerikaner sind wegen ihrer Entscheidungsfreude gern gesehene Kunden in Indien.

Doch die Finanz- und Wirtschaftskrise hat den indischen Unternehmen ihre Abhängigkeit vom angloamerikanischen Markt und die damit verbundenen Gefahren deutlich gemacht. Viele Provider zählten britische und amerikanische Banken zu ihren größten Kunden. Gerade diese Klientel war sehr stark von der Rezession betroffen. Ihre Umsatz- und Gewinneinbußen haben auch die IT-Dienstleister belastet.

Aber schon vor der Weltwirtschaftskrise hat sich angedeutet, dass die Wachstumsraten des angelsächsischen Offshoring-Markts abflachen und kaum mehr die Höhen vergangener Jahre erreichen werden. Besonders die börsennotierten indischen Provider stehen aber in der Pflicht, ihre Erfolgsstory fortzuschreiben. Diese Unternehmen sind von ihrer ganzen Aufstellung her auf schnelles Wachstum ausgerichtet.

Zudem fordert die Globalisierung auch die Inder heraus. Große Kunden in den USA und Großbritannien verlangen weltweite Präsenz von ihren Dienstleistern. Sie müssen Services auch in Ländern wie Deutschland und Frankreich anbieten und dort lokale Ansprechpartner bereitstellen. Last, but not least bietet der hiesige Markt viel Potenzial. "Bislang ist Offshoring in deutschen Unternehmen wenig verbreitet", sagt Horst Plieske, Geschäftsführer vom indischen IT-Dienstleister HCL in Deutschland. "Das wird sich ändern, vielleicht nicht so schnell, wie es wünschenswert wäre, aber der Markt wird nachhaltig wachsen."