Google-Gründer

Larry Page nimmt sein Lebenswerk selbst in die Hand

04.04.2011
Bei Google beginnt heute eine neue Ära: Mitgründer Larry Page übernimmt als Chef wieder die Zügel der Macht.

Er hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Der Internet-Riese mit seinen rund 25.000 Mitarbeitern soll wieder wendiger werden und mehr wie das kleine Start-Up-Unternehmen agieren, das Google einst war.

Wenn der 38-Jährige Page die Verantwortung für sein Lebenswerk übernimmt, muss er sich einer Menge Probleme stellen. Google verteilt seine Kräfte auf unüberschaubar viele Bereiche, neue Rivalen wie Facebook bohren sich in das Geschäft mit Online-Werbung. Wettbewerbshütern ist die Marktmacht der dominierenden Internet-Suchmaschine ein Dorn im Auge, Politiker geißeln den Konzern gern als "Datenkrake".

Vor zehn Jahren war Page schon einmal Google-Chef. Doch er und sein Mitgründer Sergey Brin - der sich künftig vor allem um neue Produkte kümmern soll - waren damals in den Augen ihrer Investoren nur zwei Endzwanziger mit einer Zauberformel, die das Internet ordnete, und mussten sich einen "richtigen" Firmenchef suchen. Ihr Wunschkandidat nach einer Serie von Treffen: Apple-Gründer Steve Jobs. Schließlich entschieden sie sich für den Software-Manager Eric Schmidt, mit dem Google zu einer Milliarden-Maschine wurde. "Tägliche Aufsicht durch Erwachsene nicht mehr nötig!", twitterte Schmidt Ende Januar zur Ankündigung des Chefwechsels.

Erste Akzente setzte Page bereits in den vergangenen Wochen. So habe er Führungskräfte überzeugt, jeden Nachmittag gemeinsam in einem öffentlichen Bereich auf dem kalifornischen Firmengelände von Google zu arbeiten, damit Beschäftigte sie direkt ansprechen können, berichtete das "Wall Street Journal".

Produkt- und Software-Manager forderte er demnach per E-Mail auf, ihm in maximal 60 Wörtern zu erklären, woran sie gerade arbeiten. Insider gingen davon aus, dass Page mehr Struktur in die vielen Projekte bringen wolle, die in Google herumwuchern, manche schließen, manche zurückstufen.

Denn Google ist heute in vielen Bereichen aktiv, von Bürosoftware über den bisher nur wenig erfolgreichen Vorstoß ins Wohnzimmer mit dem Fernsehdienst Google TV bis hin zur Entwicklung selbstfahrender Roboter-Autos. Mit Chrome OS will Google ein neuartiges Computer-Betriebssystem etablieren, mit der Smartphone-Plattform Android dürfte der Konzern schon bald zur führenden Kraft im Mobilfunkmarkt werden. Seine Milliarden verdient Google aber nach wie vor hauptsächlich mit der Online-Werbung, vor allem den kleinen Anzeigen, die neben Sucherergebnissen eingeblendet werden.

Und gerade im lebenswichtigen Kerngeschäft Internet-Suche wachsen die Gefahren. Google ist zwar weiterhin die unangefochtene Nummer eins unter den Suchmaschinen. Doch gerade diese Stärke nutzte der Erzrivale Microsoft jüngst, um den Druck bei EU-Wettbewerbshütern zu verstärken, pünktlich als "Antrittsgeschenk" für Page.

Zudem droht das Online-Netzwerk Facebook mit seinen 600 Millionen Mitgliedern, auch das Suchverhalten der Nutzer zu verändern: Empfehlungen der Freunde und Bekannten zählen oft mehr als die Treffer, die ein Algorithmus ausspuckt. Vor ein paar Tagen startete Google einen neuen Versuch, diese "soziale Suche" in den Griff zu bekommen, mit dem "+1"-Knopf, einer eigenen Antwort auf Facebooks "Gefällt mir!".

Eigentlich ändere sich ja nicht so viel, hatten Page, Brin und Schmidt das Stühlerücken heruntergespielt. Schmidt bleibe schließlich als Verwaltungsratschef an Bord, und strategische Entscheidungen würden sie wie bisher zu dritt treffen. Doch Page ist nun der Chef. Und auch der zweite Gründer Brin tritt in die zweite Reihe und will sich künftig vor allem um Spezialprojekte kümmern. Die "Führungstroika" aus Page, Brin und Schmidt sei nicht dynamisch genug gewesen, um schnell auf die Herausforderungen zu reagieren, hieß es zur Ankündigung des Chefwechsels.

"Schmidt war der Prinzregent, der solange regiert, bis der junge König in den Thron einnehmen kann", meinte damals der amerikanische Journalismus-Professor und Google-Experte Jeff Jarvis. "Wir wussten, dass dies passieren wird. Wir hatten es nur vergessen." (dpa/tc)