Häufiger Irrtum bei Personalern

Es müssen nicht drei Abmahnungen sein

22.11.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Unter Umständen kann einem Arbeitnehmer bereits nach der ersten Abmahnung gekündigt werden. sagt Dr. Norbert Pflüger.

In deutschen Büroetagen und Werkshallen herrscht der weit verbreitete Glaube, dass der Arbeitgeber erst drei Mal abmahnen muss, bevor er verhaltensbedingt kündigen darf. Dies ist ein Irrtum. Schon nach der ersten Abmahnung kann ein erneuter Verstoß bereits mit einer Kündigung sanktioniert werden.

Es müssen nicht immer drei Abmahnungen sein. Manchmal reicht auch schon eine für die Kündigung.
Es müssen nicht immer drei Abmahnungen sein. Manchmal reicht auch schon eine für die Kündigung.
Foto: Fotolia, FM2

Wichtig ist jedoch, dass weitere Verstöße "einschlägig" sind, das heißt einen vergleichbaren Sachverhalt betreffen. Wer etwa wegen einer Verspätung abgemahnt wurde, kann dann im Anschluss nicht wegen der übermäßigen Privatnutzung des dienstlichen Internetanschlusses gekündigt werden. Hier besteht zwischen dem abgemahnten Verhalten und dem Kündigungssachverhalt kein innerer Zusammenhang. Es kommt daher nicht auf die Menge der Abmahnungen, sondern vielmehr auf deren Inhalte an. Ein wiederholtes Zuspätkommen indes kann durchaus einen Kündigungsgrund darstellen.

Mahnt ein Arbeitgeber übermäßig oft ab, ohne dann eine arbeitsvertraglich spürbare Sanktion zu ergreifen, spricht man dagegen von einer inflationären Abmahnungssituation. Hier kann gelten: Wer wöchentlich wegen Verspätungen abgemahnt wird, muss am Ende des Tages nicht mehr mit einer Kündigung rechnen, da sich bereits eine Duldung des vertragswidrigen Verhaltens eingestellt hat. Auch Arbeitgeber, die unter Umständen auf Nummer Sicher gehen wollen und mehr als die irrtümlich geforderten drei Abmahnungen aussprechen, können somit Opfer eines arbeitsrechtlichen Irrtums werden. (oe)

Der Autor Dr. Norbert Pflüger ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V. - www.vdaa.de

Kontakt:

Dr. Norbert Pflüger, c/o Pflüger Rechtsanwälte GmbH, Kaiserstraße 44, 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069 242689-0, E-Mail: info@k44.de, Internet: www.k44.de