Eine Frage des Ermessens

Kriegen Sie einen Firmenparkplatz vom Chef?

26.09.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
In bestimmten Fällen kann ein Arbeitgeber verpflichtet sein, einem Mitarbeiter kostenfrei einen Parkplatz zu überlassen.

Nach einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts kann ein Arbeitgeber verpflichtet sein, einem Mitarbeiter kostenfrei einen Parkplatz zu überlassen, wenn die Entscheidung über den Entzug der Parkmöglichkeit eine unbillige Ermessensausübung durch den Arbeitgeber darstellt. Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das am 30. Juni 2010 veröffentlichte Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 16. November 2009 - 17 Sa 900/09.

Foto: Fotolia, arsdigitel.de

Hintergrund des Rechtsstreits war eine in einem Vorverfahren um einen Parkplatz geführte gerichtliche Auseinandersetzung. Der Mitarbeiter, ein Flugkapitän, dessen Wohnort weit entfernt von seinem Stationierungsort liegt, hatte bisher von dem Arbeitgeber die Parkgebühren für einen auf dem Flughafengelände seines Heimatortes liegenden Parkplatz erstattet bekommen.

Nachdem der Arbeitgeber diese Kosten nicht mehr tragen wollte, führten die Parteien einen Rechtsstreit, der mit der gerichtlichen Feststellung endete, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, ihm auf dem Flughafengelände seiner Heimatstation einen unentgeltlichen Parkplatz zu überlassen, von der der Mitarbeiter zu seinem Stationierungsort fliegen kann. Bisher hatte der Mitarbeiter einen Parkplatz in einem bestimmten Parkhaus genutzt.

Nach Rechtskraft der Entscheidung in dem Vorverfahren teilte der Arbeitgeber ihm mit, er solle an einer anderen, weiter entfernten Stelle auf dem Gelände parken und von dort mit einem Pendelbus zum Terminal fahren. Der Mitarbeiter wollte jedoch weiterhin in dem Parkhaus parken und musste hierfür Wertmarken erwerben, für die er in einem Zeitraum von ca. eineinhalb Jahren einen Betrag von knapp 2.000 Euro zahlte. Diesen Betrag wollte er von seinem Arbeitgeber erstattet und im Übrigen wieder eine Parkmöglichkeit in dem Parkhaus eingeräumt bekommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Mitarbeiters hatte jedoch Erfolg, so Henn.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts war der Arbeitgeber zumindest zurzeit verpflichtet, dem Flugkapitän weiterhin zu den bisherigen Bedingungen kostenfrei zu dienstlichen Zwecken einen Parkplatz an der Station seines Heimatortes in dem Parkhaus zur Verfügung zu stellen. Zwar habe der Mitarbeiter keinen Anspruch auf Bereitstellung eines bestimmten Parkplatzes, und der Arbeitgeber habe zu bestimmen, welchen Parkplatz er dem Mitarbeiter im Rahmen seiner Bereitstellungsverpflichtung zur Verfügung stellt. Allerdings müsse diese Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB getroffen werden.