JMStV

Jugendschutz-Staatsvertrag scheitert an NRW

15.12.2010
Jugendliche sollen im Internet besser geschützt werden - darin sind sich eigentlich alle Parteien einig.

Der zum 1. Januar geplante Staatsvertrag zur Stärkung des Jugendschutzes im Internet wird an Nordrhein-Westfalen scheitern. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne) kündigten am Mittwoch an, dass die Regierungsfraktionen dem Staatsvertrag zum Jugendmedienschutz am Donnerstag im NRW-Landtag nicht zustimmen werden.

Die Schuld für das Scheitern gaben sie CDU und FDP. Die bis Juli amtierende schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte den Vertrag ratifiziert, will aber nun dagegen stimmen. Die neue rot-grüne Minderheitsregierung werde ihren Kopf nicht hinhalten für einen Vertrag, gegen den sie ohnehin starke inhaltliche Bedenken habe, sagte Kraft. Schulministerin Löhrmann nannte das Verhalten der Opposition "ein Stück aus dem Tollhaus". Die Ablehnung von CDU und FDP sei nicht inhaltlich, sondern taktisch motiviert.

Der Staatsvertrag soll den Jugendschutz im Internet durch freiwillige Altersklassifizierungen stärken. Eltern sollen dann mit einer Jugendschutzsoftware die Angebote filtern können, die für ihre Kinder zugänglich sind. Angebote ohne Altersklassifizierung würden von dem Filter ausgeblendet.

NRW gehört neben Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zu den letzten Bundesländern, die den Vertrag noch ratifizieren müssen. Nach Angaben einer Sprecherin des NRW- Medienministeriums stand die Abstimmung in den drei anderen Ländern am Mittwoch an. NRW ist demnach das letzte Bundesland, das über den Vertrag entscheidet, der eigentlich am 1. Januar in Kraft treten sollte.

"Wir sind fassungslos, wie sich die CDU ihrer staatspolitischen Verantwortung entzieht und zu einem politischen Geisterfahrer wird", sagte Kraft. Trotz "größter inhaltlicher Bedenken" hätte die SPD den von der Vorgängerregierung ausgehandelten Vertrag mitgetragen, so wie es staatspolitische Praxis sei, sagte Kraft.

Nachdem bekanntgeworden sei, dass CDU und FDP gegen den Vertrag stimmen wollten, hätten die Fraktionen von SPD und Grünen am Mittwoch morgen ebenfalls für Ablehnung votiert, sagten die Fraktionschefs Norbert Römer (SPD) und Reiner Priggen (Grüne). Es habe zudem auch in Teilen der Fraktionen "massive Zweifel" an dem Vertrag gegeben.

Der frühere CDU-Medienminister Andreas Krautscheid rechtfertigte das Nein der Christdemokraten zu dem von dem damaligen NRW- Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) unterzeichneten Entwurf damit, dass noch Schwachstellen nachgebessert werden müssten. Diese seien erst bei einer Anhörung Anfang November deutlich geworden. So werde die von der Industrie zugesagte Jugendschutzsoftware nicht pünktlich Anfang 2011 fertig. Außerdem habe es im Internet viele Hinweise auf Rechtsunsicherheiten gegeben.

Auch in den Reihen von SPD und Grünen habe es Gegner des Vertrags gegeben, die aber darauf vertraut hätten, "dass wir die Mehrheit beschaffen", sagte Krautscheid. Es wäre eine "Blamage für die Regierung, wenn sie ihren Antrag nicht durchkriegt". (dpa/tc)