Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Wann ist ein Stellenbewerber benachteiligt?

19.01.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Eine Benachteiligung ist nur gegeben, wenn die Bewerbung um die Stelle schon im Zeitpunkt der Besetzungsentscheidung vorgelegen hat.

Macht ein Bewerber geltend, er sei bei der Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle entgegen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligt worden, so setzt dies grundsätzlich voraus, dass seine Bewerbung um die Stelle schon im Zeitpunkt der Besetzungsentscheidung vorlag.

Darauf verweist der Neu-Isenburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Michael Meyer, Leiter des Fachausschusses "Betriebsverfassungsrecht/Mitbestimmung” des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19. August 2010 - 8 AZR 370/09.

Foto: fotolia, S. Hoppe

Die Beklagte hatte im Dezember 2007 im Internet eine offene Stelle für einen Entwicklungsingenieur angezeigt. Die vorgesehene Mitteilung an die Agentur für Arbeit und das weitere Verfahren zur besonderen Förderung schwerbehinderter Menschen als Stellenbewerber hielt die Beklagte nicht ein. Mitte Dezember 2007 besetzte sie die annoncierte Stelle, löschte jedoch die Stellenanzeige nicht. Der Kläger ist Diplom-Ingenieur (FH) und schwerbehindert. Er nahm die Stellenanzeige auf der Homepage der Beklagten am 29. Dezember wahr und bewarb sich noch am selben Tage. Nach Erhalt der Absage verlangte der Kläger eine Entschädigung nach dem AGG, weil die Beklagte ihn bei seiner Bewerbung durch die Nichteinhaltung der Förderungsvorschriften des Sozialgesetzbuches für schwerbehinderte Menschen (SGB IX) benachteiligt habe.

Die Klage blieb jedoch in allen drei Instanzen ohne Erfolg, betont Meyer.

Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass der Kläger aufgrund seiner Bewerbung auf eine als offen ausgeschriebene Stelle zwar zum "Beschäftigten" im Sinne des AGG geworden ist. Da die Stelle aber bereits davor besetzt wurde, hat er als "Beschäftigter" keine Benachteiligung erfahren. Der Arbeitgeber hatte auch nicht, etwa durch Angabe einer Bewerbungsfrist, versprochen, die Stelle für eine bestimmte Zeit nicht zu besetzen. Ob der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der von vorneherein vergeblichen Bewerbung hat, war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Meyer empfiehlt, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.

Weitere Informationen und Kontakt:

Dr. Michael Meyer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Leiter des VdAA-Fachausschusses "Betriebsverfassungsrecht/Mitbestimmung”, c/o Dr. Meyer Fachanwälte, Frankfurter Straße 49, 63263 Neu-Isenburg, Tel.: 06102 7886-0, E-Mail: drmeyer@meyfa.de, Internet: www.meyfa.de