Vor Datenklau-Krisengipfel

Gerhart Baum fordert umfassende Reform des Datenschutzrechts

04.09.2008
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Im Vorfeld des von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einberufenen Datenklau-Krisentreffens heute Vormittag hat sich der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) zu Wort gemeldet.

In einem sehr lesenswerten Beitrag für "Spiegel online" fordert Baum eine umfassende Reform des Datenschutzrechts. "Die unkontrollierte Verwendung personenbezogener Daten berührt und gefährdet letztendlich den demokratischen Charakter unserer Gesellschaft. Aus diesem Gunde darf nicht länger gezögert werden, eine umfassende Reform des Datenschutzrechts in die Wege zu leiten", schreibt Baum. Die Untätigkeit der Politik führe zur empfindlichen Freiheitsverlusten in unserer Gesellschaft.

Im Weiteren führt der Liberale aus, dass ja eigentlich das Bundesverfassungsgericht in mehreren klugen Urteilen längst ein neues "IT-Grundrecht" konstituiert habe. Dieses, so Baum, müsse zu neuen rechtlichen Regelungen führen, etwa beim Arbeitnehmerdatenschutz, bei virtuellen Festplatten, die bei Internetdiensten angelegt werden und beim "Digital Rights Management".

"Alles im allem ist es ein Armutszeugnis für die Politik, dass neue Schutzstrategien, wie sie von namhaften Experten seit Jahren vertreten werden, nicht Eingang in die Gesetze gefunden haben", klagt der hauptberuflich noch immer praktizierende Anwalt. Inzwischen gebe es nicht nur im staatlichen, sondern auch im privaten Bereich perfekte Überwachungsinfrastrukturen. Eine Fülle von Vorschlägen liege als Gegenmittel auf dem Tisch, so zum Beispiel für Gewährleistung des Datenschutzes durch technische Gestaltungs- und Verarbeitungsregeln, durch neue Kontrollverfahren, durch Stärkung der Datenschutzbeauftragten und anderes mehr.

Einer Aufnahme des Datenschutzes in die Verfassung, wie sie etwa die Grüne Renate Künast fordert, steht Baum hingegen eher kritisch gegenüber: "Besser als es in den Urteilen von Karlsruhe zum Ausdruck gebracht worden ist, kann Datenschutz nicht definiert werden. Der Verfassungsrang des Datenschutzes in Nordrhein-Westfalen hat die Verantwortlichen jedenfalls nicht daran gehindert, ein Online-Gesetz zu verabschieden, das die Regeln des Datenschutzes beiseite gewischt hat", schreibt er weiter. Gefragt sei also vor allem verantwortliches Handeln der Politiker.