Cloud-Computing-Diskussion

Zwischen Euphorie und Blödsinn

06.10.2009

Revolution in der IT?

Der Marketing-Hype ist auch beim deutschen Branchenverband Bitkom angekommen, der in gewohnt konstruktiver Weise versucht, das Thema mit Leben zu füllen. In einem Leitfaden werden die Nutzungs- und Anwendungsmöglichkeiten sowie das Potenzial von Cloud Computing für Geschäftskunden beschrieben. Ausgehend von der "Überzeugung, dass sich mit Cloud Computing eine Revolution in der IT-Bereitstellung und -nutzung abzeichnet", will der Bitkom mit diesem Leitfaden nach eigenen Angaben dazu beitragen, "dass sich Unternehmen mit Cloud Computing auseinandersetzen und dessen Potenziale für ihr Business erkennen." Auch in diesem Dokument darf eine Definition nicht fehlen, jedoch geht der Leitfaden weit darüber hinaus und zeigt auch die möglichen Ebenen, Organisationsformen, Business-Ansätze sowie technische, rechtliche und sicherheitsrelevante Aspekte auf. Anwendungsbeispiele, die Beschreibung der Basistechnologien sowie eine Checkliste zur Einführung runden den Leitfaden zu einer der aktuell umfassendsten Veröffentlichungen ab.

Nicht gerade als Revolution, jedoch als "signifikant wachsenden Markt" ordnet das Marktforschungsinstitut Experton-Group das Thema ein. Wohl aus Gründen der Begriffsverwirrung sprechen die Analysten nicht von Cloud Computing sondern überschreiben ihre Studie mit IT as a Service. Dazu zählen die Marktforscher die drei Services SaaS (Software-as-a-Service), PaaS (Platform-as-a-Service) und IaaS (Infrastructure-as-a-Service). Alle drei zusammen bilden den Cloud-Stack.

Ist der Weg das Ziel?

Die Spanne in der öffentlichen Diskussion über Cloud Computing liegt somit zwischen "Blödsinn" und "Revolution" und könnte kaum weiter sein. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen und dem Anwender bleibt nichts übrig, als sich seine eigene Definition zurechtzulegen.

Die größte Herausforderung der IT aus Sicht von Hans-Jürgen Rau, EMC: Durch massive Kostensenkung und einen Quantensprung in Flexibilität und Geschwindigkeit wettbewerbsfähig bleiben.
Die größte Herausforderung der IT aus Sicht von Hans-Jürgen Rau, EMC: Durch massive Kostensenkung und einen Quantensprung in Flexibilität und Geschwindigkeit wettbewerbsfähig bleiben.

Ein IT-Experte mit über 40 Jahren Erfahrung sieht indessen den Weg als Ziel: "Unabhängig davon, ob man Cloud Computing als zukünftige IT-Architektur und wegweisendes IT-Betriebsmodell oder aber als überstrapazierten Marketing-Hype versteht - IT Organisationen suchen zunehmend nach neuen Wegen, um ihre größte und schwierigste Herausforderung zu bewältigen", sagt Hans-Jürgen Rau von EMC in seinem Webauftritt. Diese bestehe darin, durch "massive IT-Kosten-Reduzierungen und durch einen Quantensprung in Flexibilität und Geschwindigkeit wettbewerbsfähig zu bleiben."

Die deutschen Anwender lassen sich derweil nicht besonders beeindrucken von der Hype-Diskussion und gehen das Thema gelassen an. Sowohl IDC als auch die Experton-Group stellen fest, dass derzeit nur wenige Anwender Cloud-Dienste nutzen. Beide Marktforscher sagen jedoch, dass das Interesse vorhanden sei und viele Unternehmen inzwischen auch konkrete Planungsvorhaben hätten. Doch bis dahin wird noch viel über Cloud Computing diskutiert werden.