Studie von Booz Allen Hamilton

Mobile World: Geschäftsmodell der Mobile Carrier auf dem Prüfstand

07.02.2008
Laut Booz Allen Hamilton müssen europäische Mobilfunkanbieter angesichts des aufkeimenden Massenmarkts Mobiles Internet ihre Strategie überprüfen.

Die Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton ist davon überzeugt, dass die Bedeutung von mobilen Datendiensten für die Netzbetreiber in den kommenden Jahren mehr und mehr zunehmen wird. Während die europäischen Mobilfunkanbieter im Jahr 2007 immer noch 82 Prozent ihrer Umsätze mit traditionellen Sprach- und nur 18 Prozent mit Datendiensten einschließlich SMS und Push-Mail-Services erzielten, geht Booz Allen davon aus, dass sich das Verhältnis in den kommenden Jahren deutlich zugunsten von mobilen Datendiensten verschieben wird. Die technischen Voraussetzungen für die mobile Internet-Nutzung seien bereits jetzt gegeben, konstatiert die Strategieberatung in ihrer im Vorfeld des Mobile World Congress (MWC) in Barcelona veröffentlichen Untersuchung: Bereits 77 Prozent aller europäischen Handy-Besitzer verfügten schon heute über die geeignete technische Infrastruktur, um von mobilen Internet-Diensten zu profitieren. Tatsächlich aber machten nur ein knappes Drittel davon Gebrauch, innerhalb dieser Gruppe steige die Nutzungsdauer der mobilen Angebote allerdings rapide.

Technisch können die meisten Handys bereits deutlich mehr als nur Telefonieren.
Technisch können die meisten Handys bereits deutlich mehr als nur Telefonieren.
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Angesichts dieser Entwicklung empfiehlt Booz Allen den Mobilfunkbetreibern, ihr Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen. Der Grund: Anders als im Festnetz sind die Rollen der Anbieter im Markt für mobile Internet-Angebote noch nicht fest verteilt. Gefahr drohe insbesondere von Endgeräteherstellern wie Apple (iPhone) und Nokia (Ovi), Inhalteanbietern oder Internet-Portalen (Google, Yahoo). "Große und mächtige Internet-, IT-und Endgeräte-Anbieter bringen sich strategisch in Stellung. Sie wollen sich ein großes Stück aus dem Umsatzkuchen des mobilen Internets herausschneiden", warnt Roman Friedrich, Geschäftsführer und TK-Experte bei Booz Allen Hamilton. Traditionelle Mobilfunkanbieter stünden somit vor der Entscheidung, ob sie den neuen Wettbewerbern im Kampf um diesen Zukunftsmarkt mit einer Konfrontations- oder einer Kooperationsstrategie begegnen wollen.

Viele Erfolgsaussichten bei einer offenen Konfrontation sieht Friedrich allerdings nicht – er ist davon überzeugt, dass sich die Renner des etablierten Internets auch im mobilen Internet durchsetzen werden. Als Konsequenz würden die Umsätze mit mobilen Ablegern von Social Communities, News-Diensten und E-Commerce-Angeboten schon bald die Erlöse mit Messaging-Angeboten wie SMS und Push-E-Mail mit großem Tempo überholen. Der TK-Experte hält es daher für Mobilfunkanbieter essenziell, möglichst attraktiven Content über Kooperationspartner und offene Schnittstellen in ihre mobilen Vermarktungsplattformen einzubinden. "Mobilfunkanbieter können auf Dauer nicht kontrollieren, welche Angebote und Anwendungen Kunden auf ihrem mobilen Endgerät nutzen. Statt sie zu bekämpfen, müssen Netzbetreiber das mobile Web über offene Systeme offensiv und aktiv mitgestalten", so Friedrich weiter. Sollte ihnen das nicht gelingen, droht die sogenannte "Bit Pipe", die Degradierung zum reinen Infrastruktur-Anbieter mit entsprechend niedrigeren Umsätzen. (mb)