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Googles neuer Web-Browser

Die Intelligenz von Chrome kommt aus dem Netz

03.09.2008
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.
"Google Chrome" schneidet einige alte Browser-Zöpfe ab und führt interessante neue Bedienkonzepte ein. Vor allem aber ist er keine reine Desktop-Software, sondern bezieht wesentliche Fähigkeiten von den Online-Diensten des Herstellers.

Der Marktführer Microsoft setzt seit Jahren auf seine Desktop-Dominanz, um über den allgegenwärtigen Internet Explorer Benutzer auf die hauseigenen Online-Dienste zu locken. So verweist die Startseite auf MSN und als Suchmaschine ist Live Search voreingestellt. Der Windows-Hersteller versteht den Browser primär als Desktop-Programm, das als Fenster ins Internet dient.

Google hingegen verfolgt einen umgekehrten Ansatz. Seine Stärke sind populäre Online-Dienste, allen voran die marktbeherrschende Web-Suche. Chrome fungiert in wesentlichen Belangen als verlängerter Arm von Google-Services auf dem Desktop.

Neben einigen Neuerungen in der äußeren Erscheinung bietet Chrome daher vor allem Komfortfunktionen, die aus dem Netz kommen. Hinter der Reduktion der Eingabemöglichkeiten auf eine einzige Zeile verbirgt sich keine besondere Browser-Intelligenz. Vielmehr dient das als "Omnibox" bezeichnete Eingabefeld als Client für mehrere Services von Google, die man in anderen Browsern bisher über die Google Toolbar oder klassisch über Web-Seiten beziehen konnte.

Eine Eingabezeile für alles

Die Integration von Web-Diensten in die Omnibox bedeutet für den Benutzer, dass die Software während des Tippens bereits Vorschläge für passende Zielseiten unterbreitet. Dabei konsultiert Chrome nach dem Vorbild von Suggest nicht nur die Suchmaschine, sondern sieht gleichzeitig auch in der persönlichen Historie nach möglichen Treffern nach. Bei der Volltextsuche im Verlauf greift Chrome jedoch nicht auf die lokale Kopie von Web-Seiten zurück, sondern funktioniert auch dann, wenn man den Cache geleert hat.

Der Ansatz, dem Benutzer aufgrund seiner Gewohnheiten Angebote zu unterbreiten, setzt sich auch auf der Startseite des Browsers fort. Anders als die Konkurrenz verzichtet Google darauf, den Anwender mit einer Website aus dem eigenen Portfolio (hier käme iGoogle in Frage) zu beglücken. Vielmehr präsentiert diese eine Übersicht über die meistbesuchten Seiten und einen Suchschlitz für die Historie sowie für alle Sites, auf denen der Anwender die dort angebotene Suchmaschine genutzt hat. Auf diese Weise kann er direkt über eine Abfrage auf eine seiner bevorzugten Websites einsteigen, ohne diese vorher in den Browser laden zu müssen.

Während Google in seinem Comic-Book vor allem die technischen Meriten seines Browsers hervorhebt, besteht sein wesentliches Differenzierungsmerkmal in der Anbindung an leistungsfähige Online-Dienste. Angesichts dieser Tatsache fällt es Google leicht, Chrome als Open Source freizugeben. Wer auf Basis dieses Codes einen ähnlichen Benutzerkomfort erreichen möchte, muss erst so viel Intelligenz und Leistungsfähigkeit im Backend bieten wie Google.