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Analyse

Steve Ballmer will nur noch die Rosinen aus dem Yahoo!-Kuchen

19.05.2008
Microsoft-Chef Steve Ballmer ließ sich zwei Wochen Zeit, um nach dem Scheitern des ersten Übernahmeversuchs von Yahoo! seinen "Plan B" zu verkünden.

Der Softwaregigant will den kalifornischen Internetpionier nun vorerst nicht mehr komplett schlucken. Vielmehr möchte Microsoft sich jetzt auf einzelne "Transaktionen" mit Yahoo! beschränken. Die dürre Pflichtmitteilung aus der Unternehmenszentrale in Redmond vom Sonntagabend lässt nun viel Raum für Spekulationen, welche Bereiche bei Yahoo! und Microsoft von den Transaktionen betroffen sein werden.

Für Yahoo!-Chef Jerry Yang wird es mit dem neuen Angebot von Microsoft nicht einfacher.
Für Yahoo!-Chef Jerry Yang wird es mit dem neuen Angebot von Microsoft nicht einfacher.
Foto: Yahoo

Es spricht aber einiges dafür, dass Ballmer aus dem umfangreichen Portfolio von Yahoo! es zunächst auf die Vermarktung der Suchmaschine von Yahoo! abgesehen hat. Das "Wall Street Journal" und die "New York Times" berichten am Montag übereinstimmend, Microsoft plane, künftig die Werbeeinblendungen rund um die Suchergebnisse bei Yahoo! zu vermarkten. Yahoo!-Chef Jerry Yang hatte in seinem Abwehrkampf gegen Microsoft darauf gesetzt, in diesem Bereich mit Google zu kooperieren. Ballmer wiederum möchte eine weitere Stärkung seines Erzrivalen Google durch diesen Schritt auf jeden Fall verhindern.

Mit seiner neuen "Rosinenpicker"-Strategie, nämlich nur die wirklich attraktiven Teile von Yahoo! zu übernehmen, kommt Ballmer aber auch kritischen Stimmen entgegen, die sich innerhalb von Microsoft zu Wort gemeldet hatten. Fast 50 Milliarden Dollar für das Bündel der verschiedenen Online-Aktivitäten von Yahoo!, das in weiten Teilen nicht kompatibel zu den eigenen Anstrengungen im Web ist, erschien dann doch auch etlichen Microsoft-Managern aus der zweiten und dritten Ebene als zu teuer.

Für Jerry Yang und seine Mitstreiter an der Spitze von Yahoo! wird die Lage mit der neuerlichen Microsoft-Offerte nicht einfacher. Dem Yahoo!-Mitbegründer Yang sitzt der Großinvestor Carl Icahn im Nacken, der einen kompletten Verkauf von Yahoo! an Microsoft befürwortet hatte. Icahn versucht derzeit, sich mit anderen enttäuschten Yahoo!-Aktionären und dem Hedge-Fonds-Manager John Paulson zu verbünden, um Yang von der Unternehmensspitze vertreiben.

Yang muss nun ausloten, welcher Partner für sein Unternehmen - Google oder Microsoft - die beste kommerzielle Perspektive bieten wird. Zum Schicksalstag des Yahoo!-CEOs dürfte der 3. Juli werden, wenn auf einer Aktionärsversammlung von Yahoo! die Direktoren des Bords neu gewählt werden. Sollte es Icahn gelingen, das Führungsgremium auszutauschen, wären auch Yangs Tage als CEO von Yahoo! gezählt.

Unklar ist noch, wie die kritischen Yahoo!-Aktionäre nun die Pläne für eine "Übernahme light" durch Microsoft bewerten werden. Sie müssen davon ausgehen, dass das Online-Unternehmen zumindest kurzfristig nicht mehr einen Wert von knapp 50 Milliarden Dollar (31 Milliarden Euro) haben wird, die Steve Ballmer noch Anfang Mai für eine Komplett-Übernahme zahlen wollte. (dpa/tc)