Zumwinkel nicht entlastet

Kritik und Applaus bei Telekom-Hauptversammlung

04.05.2009
Spitzelaffäre, Gewinnwarnung und Netzausfall - an kritischen Themen mangelte es nicht auf der Hauptversammlung der Deutschen Telekom.

Einige Aktionäre gingen mit Vorstandschef René Obermann am Donnerstag in der Kölner Lanxess-Arena hart ins Gericht. Dass nach nur acht Wochen die Gewinnprognose zurückgenommen worden war, bezeichnete ein Aktionärsschützer als "Pfeil ins Herz" der Anleger. "Völlig unverständlich", schimpfte ein anderer. Insgesamt jedoch fiel die Kritik milde aus und es gab auch Applaus. Mit Blick auf seine ungeklärte Rolle in der Telekom-Spitzelaffäre verweigerten die Aktionäre dem früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel am späten Abend die Entlastung.

Obermann kündigte einen zügigen Umbau des Konzerns an. Noch in diesem Jahr soll eine außerordentliche Hauptversammlung der Zusammenlegung von Mobilfunk und Festnetzgeschäft in Deutschland zustimmen.

Die neue Konzernstruktur soll in zwei Schritten erreicht werden. Zunächst soll die T-Mobile International AG auf die Deutsche Telekom verschmolzen werden. So werde T-Mobile Deutschland direkte Tochter der Deutschen Telekom AG. In einem zweiten Schritt werden T-Home und T-Mobile Deutschland in einer Gesellschaft zusammengeführt. Nach der Zustimmung der Aktionäre soll diese Gesellschaft zeitnah umgesetzt werden. Obermann verspricht sich vor allem durch die einheitliche Kundenbetreuung zusätzliche Umsatzpotenziale. Zudem würden Prozess- und IT-Kosten eingespart. Obermann nannte allerdings keine Zahlen zu Synergien und Kosten des Umbaus. Ein Stellenabbau sei mit dem Umbau in Deutschland nicht verbunden, betonte er.

Auch die erstmals steuerfreie Dividende von 0,78 Euro stimmte nicht alle Aktionäre versöhnlich. Die Dividende sei steuerfrei, weil sie nicht verdient worden sei, sondern aus der Substanz stamme, kritisierte etwa Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Auf Kritik stieß auch der erneute Kursrutsch der Aktie nach der Gewinnwarnung vom vorvergangenen Dienstag. Danach hatte die T-Aktie in der Spitze zehn Prozent an Wert verloren, zuletzt lag sie bei gut neun Euro. Die Telekom rechnet im laufenden Jahr mit einem Rückgang des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von zwei bis vier Prozent. Im Februar hatte Obermann noch ein EBITDA auf Vorjahresniveau bei 19,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Angesichts des Ausmaßes der Gewinnwarnung sei der Konzern zwar im Vergleich zu Unternehmen anderer Branchen immer noch ein "Hort der Stabilität", sagte der Chef der Fondsgesellschaft DWS, Klaus Kaldemorgen. Trotzdem habe er kein Verständnis dafür, dass das Management in der ursprünglichen Prognose keinen ausreichenden Risikopuffer eingeplant habe.

Die Telekom hatte im Februar den Umbau ihres Konzerns und die Integration von Festnetz und Mobilfunk angekündigt. Für die Umsetzung der Integrationspläne wurden neue Vorstandsressorts unter anderem für die Beteiligungen in Osteuropa geschaffen. Trotz der Krise sehe die Telekom mittelfristig weitere Wachstums-Chancen in Süd- und Osteuropa, sagte Obermann. Im vergangenen Jahr waren die Bonner bei der griechischen OTE eingestiegen. Aktionäre befürchten, dass sich die Telekom damit einen weiteren Klotz ans Bein gebunden hat.

Wegen seiner ungeklärte Rolle in der Telekom-Spitzelaffäre verweigerten die Aktionäre dem früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel die Entlastung. Wie von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagen, wurde die Entscheidung auf die kommende ordentliche Hauptversammlung im Jahr 2010 verschoben. Zumwinkel war im Zuge der Affäre um die Bespitzelung von Aufsichtsräten und Journalisten ins Fadenkreuz der Bonner Staatsanwaltschaft geraten.

Die Telekom stellte inzwischen gegen ihn genau wie gegen den ehemaligen Konzernchef Kai-Uwe Ricke Schadenersatzforderungen in Höhe von einer Million Euro. Der neue Datenschutz-Vorstand Manfred Balz sagte auf der Hauptversammlung, die Telekom gehe davon aus, dass Zumwinkel gemeinsam mit Ricke den Auftrag zur Bespitzelung von Journalisten erteilt habe. Die Spitzelaffäre spielte allerdings auf der Aktionärsversammlung keine so große Rolle wie im Vorfeld erwartet. (dpa/tc)