Deutschland-Chef Hannes Schwaderer im Interview mit pressetext

Intel: "Wir sind die Trendsetter"

17.03.2008
Von pte pte
Kleine, handliche elektronische Geräte, allen voran der EeePC von Asus, konnten auf der CeBIT viel Beachtung auf sich ziehen.

Mit dem "Atom"-Prozessor hat Intel auf der CeBIT einen Chip vorgestellt, der künftig in diesen Geräten verbaut werden soll. Intel-Deutschland-Chef Hannes Schwaderer erläutert im pressetext-Interview, welche Geräte die Konsumenten in den kommenden Monaten erwarten können. Zudem erklärt Schwaderer, wie man als Halbleiterhersteller die Zukunft plant und warum er angesichts schwacher Wirtschaftsdaten aktuell keine Probleme für das Geschäft sieht.

pressetext: Auf der CeBIT stieß der EeePC von Asus auf großes Interesse. Wie beurteilen Sie diesen Trend zu günstigen, tragbaren Computersystemen - ist es bloß ein Hype oder doch eine nachhaltige Entwicklung?
Schwaderer: Ich bin überzeugt, dass diese Entwicklung sehr nachhaltig ist. Heute tummeln sich eine Mrd. Menschen im Web. Die nächste Milliarde steht schon Gewehr bei Fuß. Genau für diese Märkte sind die Low-Cost-Rechner gedacht. Nun leben wir jedoch in einer globalen Welt und können Produkte nicht bestimmten Märkten vorenthalten. In Europa wird der EeePC von Menschen als Zweitrechner genutzt. Er ist beispielsweise praktisch, um Fotos auf Reisen abzuspeichern oder zu sichten und eignet sich als Reiseschreibmaschine. Es ist ein kleines, praktisches Produkt für unterwegs, aber er ist kein Arbeits-PC.

pressetext: Mit dem kürzlich vorgestellten Atom-Prozessor springt Intel auf diesen Zug auf. Was ist künftig geplant?
Schwaderer: Der Atomprozessor richtet sich nicht nur an die Mini-Notebooks, sondern es gibt noch einige weitere Anwendungen für den Chip. So kann mit Atom eine Rechnerplattform günstig in einen Fernseher integriert und damit das TV-Gerät auf einfache Weise an das Web angeschlossen werden. Durch die PC-Funktionen kann die Wiedergabe von Filmen, Videos sowie Musik somit direkt am Fernseher gesteuert werden. Ein weiterer Einsatzbereich für Atom sind Mobile Internet Devices (MID), die auf den ersten Blick auch die vielversprechendsten Geräte sind. Die MIDs kann man sich so ähnlich wie das iPhone vorstellen. Jedoch haben sie einen größeren Bildschirm und zusätzlich den Vorteil, dass eine echte PC-Plattform integriert ist. Da das Web für den PC geschrieben ist, kann auf diesen Geräten der gesamte Inhalt des Internets dargestellt werden. Man bekommt das Web sozusagen wirklich in die Tasche.

pressetext: Die Entwicklung von Halbleiterherstellern geht nicht von einem Tag auf den anderen. Ist Asus mit dem Erfolg des EeePC den Intel-Plänen für MIDs in die Quere gekommen?
Schwaderer: Nein, es handelt sich dabei um zwei getrennte Entwicklungen, die einander ergänzen. Die Hardware-Plattform ist zwar die gleiche, aber wir verfolgen auch ganz andere Pläne. Mit MIDs werden wir erstmals die reifen Märkte ansprechen, wo auch eine gut ausgebaute Infrastruktur mit UMTS, WLAN oder WiMAX vorhanden ist. Für Schwellenländer haben wir mit dem ClassmatePC ein eigenes Programm laufen. Was Asus mit dem EeePC gemacht hat, das planen wir schon seit langem. Wir wollen jedoch nicht die Endgeräte produzieren, sondern liefern nur die Komponenten. Asus wird außerdem mit seinem Produkt nicht der einzige Hersteller bleiben.

pressetext: Das bedeutet, dass es strategisch von vornherein so geplant war?
Schwaderer: Ja, absolut. Unsere Classmate-Strategie ist langfristig angelegt und es gibt sie schon länger als das Asus-Gerät. Wir haben mit Asus auch an ihrem Konzept gearbeitet. Das Unternehmen ist für uns ein willkommener Partner, der langfristig in diese Strategie investiert und unsere Chips nutzt.

pressetext: Wie einfach ist es für einen Halbleiterhersteller, kurzfristig auf Markttrends zu reagieren?
Schwaderer: Wir arbeiten an grundlegenden Technologien mit zehn Jahren Vorlaufzeit. Mit der Einführung der 45-Nanometer-Transistor-Technologie haben wir nun zum ersten Mal seit 40 Jahren den Aufbau eines Transistors komplett revolutioniert. So kommt erstmals das Element Hafnium zum Einsatz und die Chips haben dramatische Vorteile - beispielsweise beim Energieverbrauch. Die Vorarbeit daran hat 18 Jahre in Anspruch genommen. Das elegante an einer PC-Architektur ist, dass sie sehr offen ist. Wir haben rundum offene Standards und offene Software. Somit können wir Markttrends relativ schnell aufgreifen, solange wir die Basisarchitektur dafür haben.

pressetext: Wie lange benötigt Intel also, um auf einen Trend zu reagieren?
Schwaderer: Es liegt in der Natur unseres Geschäfts, dass wir einen Technologievorsprung haben. Wir sind mit dem, was wir auf den Markt bringen immer an der Grenze des technisch Machbaren. Die Frage stellt sich daher eher umgekehrt: Welche Trends lösen eine neue Technologie aus? Mit 45 Nanometer können wir nun MIDs bauen. Wir wissen heute schon, dass wir die Chips in 18 Monaten auf 32 Nanometer schrumpfen werden. Ebenso wissen wir, dass der Stromverbrauch von drei Watt auf 400 Milliwatt gesenkt wird. Des Weiteren werden wir 2009 in den Atom-Prozessor auch den Chipsatz integrieren. Wir sprechen also schon heute mit der Industrie, was man mit einem zukünftigen Produkt machen kann, wenn es diese und jene Eigenschaften aufweist. Wir wissen schon, wann der Chip fertig sein wird, wie er aussieht, welche Eigenschaften er hat und wie er funktioniert. Harman/Becker beispielsweise hat auf der CeBIT den ersten PC vorgestellt, der in das Armaturenbrett eines Autos integriert sein wird. Die Entwicklung haben wir vor zwei Jahren in Kooperation mit dem Unternehmen gestartet. Wir haben damals begonnen, darüber zu sprechen, dass wir jetzt in der Lage sein werden, Chips zu bauen, die nur drei Watt Leistung benötigen, eine echte PC-Plattform darstellen und hinreichend Performance aufweisen. Wir sehen uns daher als Trendsetter und nicht als Follower.

pressetext: Die Aussichten für die Wirtschaft sind momentan nicht besonders rosig. Gesprochen wird von Rezension. Wie stark trifft das einen Chipriesen wie Intel?
Schwaderer: Es betriff uns indirekt, da wir natürlich auch von der Weltwirtschaft abhängig sind. Unser Geschäft entwickelt sich je nachdem, was Privatanwender gewillt sind auszugeben und wie hoch die Investitionsbereitschaft in der Geschäftswelt ist. Bisher habe ich allerdings den Eindruck, dass die Krise herbeigeredet wird. Momentan haben wir keine messbaren Kriterien, die zeigen, dass das Geschäft rückläufig ist.

pressetext: Wie beurteilen Sie die Situation in der DACH-Region? Gibt es hier spezifische Unterschiede oder geht die Entwicklung mit dem weltweiten Trend konform?
Schwaderer: Es gibt mehr oder weniger Schwankungen auf der ganzen Welt. Die am wenigsten krisengeschüttelten Märkte, die Schwellenländer, sind die, wo wir auch das größte Wachstum haben. In Deutschland wurden wir stärker gebeutelt als andere, da sich die Wirtschaft nach den Jahren 2000/2001 hierzulande langsamer erholt hat. Nachholbedarf sehen wir in allen Industrien, vor allem der Mittelstand hat jedoch jahrelang Anschaffungen verschoben. Die Investitionszyklen wurden verlängert und die Hardware über fünf Jahre abgeschrieben. Nun sind wir wieder in einem normalen Zyklus, der etwa drei Jahre dauert. Das sieht man auch an unserem Ergebnis des Jahres 2005. Es war ein Rekordjahr, weil in der Wirtschaft großer Nachholbedarf bestand.

pressetext: Das bedeutet, Sie erwarten 2008 auch ein starkes Jahr.
Schwaderer: Das werden wir noch sehen.

pressetext: Vielen Dank für das Gespräch. (pte)