Hohe Latenzzeiten

Anwendungsbremse Mobilfunk

05.02.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Auf dem Papier wartet der Mobilfunk mit immer höheren Bandbreiten auf. In der Praxis bremsen den User aber hohe Latenzzeiten aus.

Verfolgt man den Marketing-Rummel der Mobilfunkbranche, dann kann der Eindruck entstehen, dass bald niemand mehr im WAN auf Festnetzverbindungen angewiesen sein wird. Nach UMTS mit seinen noch eher bescheidenen 384 Kbit/s verspricht die Erweiterung HSDPA mittlerweile Transferraten von 3,6 Mbit/s und wird bereits auf 7,2 Mbit/s ausgebaut. Und mit Bandbreiten von über 10 Mbit/s steht bereits die nächste Evolutionsstufe bevor.

Anwendungsbremse Mobilfunk: Derzeit kann der Anwender nur auf LTE warten.
Anwendungsbremse Mobilfunk: Derzeit kann der Anwender nur auf LTE warten.
Foto: o2

Die Realität fällt dagegen eher ernüchternd aus: In 95 Prozent der Fälle, so Mathias Hein, unabhängiger IT-Berater in Neuburg an der Donau, müssen sich mobile Geschäftskunden mit niedrigeren Bandbreiten begnügen, da HSDPA nur räumlich begrenzt angeboten wird. Zudem wartet auf die Anwender beim Thema Mobilfunk noch ein weiterer Pferdefuß: die hohen Latenzzeiten. Zwar sanken die Antwortzeiten im Vergleich zu den 500 Millisekungen von GPRS deutlich, doch sie liegen bei HSDPA immer noch um die 65 Millisekunden.

Wer also auf kurze Antwortzeiten bei seinen Anwendungen via mobile Datenübertragung hofft, wird schnell die Geduld verlieren. Ganz davon zu schweigen, dass Echtzeitanwendungen wie VoIP bei diesen Antwortzeiten kaum vernünftig zu realisieren sind. So wird für VoIP in der Regel eine Latency zwischen 50 und 150 Millisekunden empfohlen.

Eine schnelle Abhilfe, so die bittere Wahrheit laut Wolfgang Granzow, Leiter Forschungsprojekte Zukunft beim Chiphersteller Qualcomm, ist vorerst nicht in Sicht. Granzow rechnet mit einer allgemeinen Verbesserung der Antwortzeiten erst 2010: "Dann werden die ersten Netze mit LTE ihren kommerziellen Rollout haben."

Mit einer kurzfristigen Milderung des Problems lockt dagegen Thomas Boele, Senior Engineer bei Riverbed, wenn die Anwender die mobile Client-Software des Unternehmens verwenden. Allerdings kann auch Riverbed nicht zaubern. Steelhead Mobile 2.0, wie die Client-Software heißt, optimiert zwar das zu übertragende Datenvolumen, kann aber an dem Problem der langen Laufzeiten nichts ändern.