UMTS-Nachfolger nimmt Formen an

Wann kommt LTE?

07.01.2009
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Nach erfolgreichen Pilotversuchen ist der Netzausrüster Nortel zuversichtlich, dass LTE (Long Term Evolution) schon bald das Erbe von UMTS antritt. Die COMPUTERWOCHE hat sich mit dem Geschäftsführer für Zentraleuropa, Wim te Niet, über den neuen Mobilfunkstandard unterhalten.

CW: Herr te Niet, was macht Nortel so optimistisch, dass der UMTS-Nachfolger LTE nahezu marktreif ist?

Wim te Niet, Geschäftsführer Zentraleuropa von Nortel Networks.
Wim te Niet, Geschäftsführer Zentraleuropa von Nortel Networks.
Foto: Nortel

te Niet: Wir haben bereits bei unserem Trial mit T-Mobile im September den Beweis angetreten, dass LTE erstens schon läuft und zweitens bereits 2008 ein Live-Netz in der Lage ist, einen Hand-over zwischen verschiedenen Zellen vorzunehmen - mit einem HD-Video im Live-Stream, Web-Browsing sowie Multimedia-VoIP über eine Webcam. Drittens wird damit die Wahrscheinlichkeit, dass LTE bereits Ende 2009/ Anfang 2010 in operativen Netzen in Betrieb genommen wird, sehr hoch. Dieser Aspekt ist auch für Nortel von Bedeutung, nachdem wir das UMTS-Access-Geschäft früh verkauft haben.

CW: Welche Bandbreite kann man realistisch von LTE erwarten?

te Niet: Die nutzbare Bandbreite wird von vielen Faktoren beeinflusst. Geht man von einem 20-Megahertz-Kanal mit vier MIMO-Antennen aus, so können bis zu 330 Mbit/s bereitgestellt werden; im Upload sind circa 90 Mbit/s technisch möglich. Wir gehen jedoch davon aus, dass die meisten Endgeräte am Anfang zunächst niedrigere Übertragungsraten unterstützen werden. Welche Übertragungsrate den Nutzern letztlich zur Verfügung steht, hängt vom Netzbetreiber ab. Es ist jedoch zu erwarten, dass eine Bandbreite auf DSL-Niveau sichergestellt wird. Neben der Bandbreite ist aber auch die Latenzzeit für Kunden wichtig - diese reduziert sich auf ein Zehntel der jetzigen Verzögerung bei UMTS.

CW: Läutet LTE die Ära des mobilen VoIP und damit das Ende von GSM ein?

te Niet: Mobiles VoIP ist einer der Nutzungsmöglichkeiten von LTE, zuerst werden aber wohl Datenapplikationen dominieren. Ich gehe davon aus, dass der Übergang von GSM erst bis 2018/19/20 stattfinden wird. Grund ist, dass der Ausbau der LTE-Infrastruktur ausgehend von den Ballungszentren nur langsam voranschreitet, so dass eine flächendeckende Versorgung erst später erreicht wird. Eine Rolle dabei spielt weiter, welches Frequenzspektrum verfügbar sein wird, ob es eine neue Versteigerung gibt, oder ob freiwerdende Bereiche umfunktioniert werden - etwa das 1800-Mhz-Spektrum. UMTS verschwindet vergleichsweise früher, da es redundant wird.

CW: Wird sich der Durchbruch von LTE durch die Finanzkrise verzögern?

te Niet: Das glaube ich nicht. Verschiedene Netzbetreiber haben schon 4G-Netze im Testbetrieb und planen eine Markteinführung in 2010. Ein Vorteil von LTE sind unter anderem die geringeren Betriebskosten im Vergleich zu UMTS. So geht die Anzahl der Netzelemente zurück, weil die Basisstationen gleichzeitig als Access-Gateways zum Backhaul-Netz fungieren. Dank des Konzepts der selbstorganisierenden Netze wird außerdem das Konfigurieren der Netze einfacher. Generell ist somit das Business Case für Carrier mit LTE besser.