Konjunkturprogramm

Politik pumpt Millionen in IT

03.03.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Regierung will 500 Millionen Euro investieren, um die eigene ITK-Infrastruktur auszubauen. Die Gelder sind gerade freigegeben, schon gibt es Streit um die Verteilung.
Der Bundes-CIO Bernhard Beus ist zuversichtlich: "Wir werden stärker aus der Krise hervorgehen, als wir hineingegangen sind."
Der Bundes-CIO Bernhard Beus ist zuversichtlich: "Wir werden stärker aus der Krise hervorgehen, als wir hineingegangen sind."
Foto: BS/BMI

Die Bundesregierung hat in ihrem 50 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket die Informations- und Telekommunikationsbranche (ITK) nicht vergessen. Im Rahmen des "Pakts für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland", der am 20. Februar als letzte Hürde den Bundesrat passiert hat, sollen 500 Millionen Euro in ITK-Maßnahmen fließen. Davon will die Politik 300 Millionen Euro sofort zur Verfügung stellen, weitere 200 Millionen sind vorerst durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags gesperrt. Diese Mittel werden erst freigegeben, wenn konkrete Maßnahmen anstehen.

Steuern soll das IT-Konjunkturpaket Hans-Bernhard Beus, Staatssekretär und IT-Beauftragter der Bundesregierung. Ziel der Maßnahmen sei es, die Bereiche Green IT, Security und Open Source auszubauen sowie "innovative zukunftsfähige Technologien und Ideen für die Verwaltung nutzbar zu machen". Dazu gehöre, die zentralen IT-Steuerungsmechanismen des Bundes weiter zu entwickeln, um beispielsweise IT-Großprojekte in Zukunft effizienter und schneller umzusetzen. "Die Maßnahmen werden einen Beitrag zur Beschäftigung in Deutschland leisten und die Bundesverwaltung sicherer, umweltfreundlicher und bürgernäher machen", gibt Beus als Ziel aus. Außerdem werde damit die Konjunktur gestützt. "Wir werden stärker aus der Krise hervorgehen als wir hineingegangen sind."

Kleine und mittelständische Firmen haben das Nachsehen

Noch ist kein Euro im Markt angekommen und schon gibt es Kritik. "Nutzen die groß angelegten Konjunkturprogramme auch dem IT-Mittelstand?", fragen beispielsweise die Verantwortlichen des Verbands IT-Mittelstand (VDEB). Beispielsweise diene der auf dem dritten IT-Gipfel beschlossene Ausbau der Breitbandnetze vorwiegend den großen Telekommunikationsunternehmen. Mittelständische und unabhängige Softwareproduzenten hätten dagegen das Nachsehen. "Großunternehmen wie Opel sind in der öffentlichen Diskussion, aber kleine und mittelständische Unternehmen werden dem lautlosen Sterben überlassen", kritisiert der VDEB-Vorsitzende Oliver Grün.

Das will der Verband nicht kampflos hinnehmen. Man werde sich nachdrücklich dafür einsetzen, dass nicht nur die Großen gefördert werden. Ein starker IT-Mittelstand sei mindestens ebenso bedeutsam für die Zukunft der deutschen Wirtschaft. Die IT-Branche habe sich schließlich in den zurückliegenden Jahren konsolidiert, die Geschäftsmodelle seien solider geworden. Jetzt aber drohten die erreichten Erfolge im Strudel der verschlechterten Wirtschaftskrise unterzugehen.

Oliver Grün, Vorsitzender des VDEB: "Die kleinen und mittelständischen Firmen werden dem lautlosen Sterben überlassen."
Oliver Grün, Vorsitzender des VDEB: "Die kleinen und mittelständischen Firmen werden dem lautlosen Sterben überlassen."
Foto: VDEB

Grün fordert, dass kleine und mittelständische IT-Anbieter an öffentlichen Großprojekten wie beispielsweise der elektronischen Gesundheitskarte und dem Ausbau des E-Governments beteiligt werden. Dabei dürften jedoch keine Fehler wie in der Vergangenheit passierten. Die VDEB-Verantwortlichen prangern beispielsweise die Kostenexplosion beim Online-Jobmarkt der Bundesagentur für Arbeit an. Habe der damit betraute Dienstleister Accenture am Anfang noch 57,5 Millionen Euro kalkuliert, standen am Ende über 100 Millionen Euro auf der Rechnung.

Grün kritisiert zudem angebliche Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand an. Der Einfluss der großen IT-Lobby gehe letztendlich zu Lasten des Steuerzahlers. Dagegen finde der IT-Mittelstand kaum Gehör, klagt der Verbandsvorsitzende. Um dem entgegenzuwirken, sollen sich die Mittelstandsorganisationen regional und europaweit besser vernetzen, empfiehlt Grün.