Projekt-Management

Gutes Management verhindert Projektfehlschläge

26.05.2008
Von Alexander Praun
Der Erfolg von Großprojekten lässt sich durch ein gezieltes Projekt-Management absichern. Das kann, wie im Fall der Daimler AG, auch von außen kommen.
Die Daimler AG ließ ihr Projekt Management Information Factory (MIF) von einem externen Expertenteam managen.
Die Daimler AG ließ ihr Projekt Management Information Factory (MIF) von einem externen Expertenteam managen.
Foto: Daimler

Mehr als die Hälfte der Unternehmen in Deutschland stufen den Erfolg ihrer IT-Projekte als unzureichend ein. Das liegt weniger an den eingeführten Programmen, Lösungen und Prozessen als am Projekt-Management (siehe auch: "Schäden in Milliardenhöhe"). In time and in budget, so lautet das Ziel. Aber die Realität sieht oft anders aus: verstrichene Deadlines, gesprengte Budgets, reduzierte Funktionen und suboptimale Qualität - wenn nicht gar vorzeitiger Abbruch.

Die Weichen werden früh gestellt

Was entscheidet aber über Erfolg oder Misserfolg von Projekten? Die Weichen werden ganz zu Anfang gestellt. Schon vor dem Grobkonzept sind folgende Fragen zu beantworten.

  • Was heißt es, ein Projekt in Abhängigkeit von seiner Größe anzupacken?

  • Wie unterteilt man große Projekte in überschaubare Abschnitte?

  • Wie muss das Projektumfeld gestaltet sein?

  • Wie sollten Strukturen und Abläufe aussehen, damit sich alle Beteiligten abgeholt fühlen?

  • Wie werden die Interessen der beteiligten Parteien (im Fachjargon "Stakeholder") berücksichtigt und auf das gemeinsame Ziel ausgerichtet?

  • Wie muss das Zusammenarbeitsmodell definiert sein, damit sich nicht die unterschiedlichen Kulturen - beispielsweise der Beratungsunternehmen - im Projektergebnis niederschlagen?

  • Welches Einführungskonzept ist im Einzelfall das beste?

  • Wie lassen sich die Beteiligten für das Vorhaben begeistern?

  • Auf welche Weise werden die erreichten Erfolge schnell sichtbar?

Viele Unternehmen legen eine unvernünftige Hauruck-Mentalität an den Tag, kritisiert Armin Roth, Professor für Unternehmenssteuerung und Management-Berater bei Braincourt.
Viele Unternehmen legen eine unvernünftige Hauruck-Mentalität an den Tag, kritisiert Armin Roth, Professor für Unternehmenssteuerung und Management-Berater bei Braincourt.
Foto: Braincourt

"Viele Unternehmen machen den Fehler und vernachlässigen die Planungsphase mit einer unvernünftigen Hauruck-Mentalität", sagt Armin Roth, Professor für Unternehmenssteuerung an der Hochschule Reutlingen und Partner bei der Management-Beratung Braincourt GmbH mit Hauptsitz in Leinfelden-Echterdingen. Die "vielleicht größte Herausforderung" für das Projekt-Management liege darin, die aufgelisteten Fragen rechtzeitig zu beantworten sowie die jeweiligen Risiken strukturiert zu erfassen, zu bewerten und abzusichern.

Jedes Projekt brauche von Anfang an eine klare Anforderungsdefinition, ein von allen Beteiligten akzeptiertes Vorgehensmodell, eine detaillierte Projektplanung mit vordefinierten Meilensteinen, geregelte Kommunikationswege im Projektteam und eine strukturierte Kostenplanung, ergänzt Roth: "Und diese Maßnahmen müssen vor allem praxisnah definiert sowie konsequent umgesetzt werden."

Wozu die PM-Methoden dienen

Um den Planungsprozess zu strukturieren, können unterschiedliche Projekt-Management-Standards genutzt werden, zum Beispiel vom Project Management Institute (PMI) oder von der Gesellschaft für Projekt-Management (GPM). Diese Methoden schaffen eine Arbeits- und Kommunikationsbasis mit einheitlichen Begriffen, und sie helfen beim Definieren von Rollen sowie Verantwortlichkeiten. Das ist wichtig für die Koordination von Ressourcen und Maßnahmen.

In jedem Fall aber müssen diese Standardmethoden an die Anforderungen des Anwenderunternehmens angepasst werden. Dazu noch einmal Roth: "Eine einzig richtige Methode gibt es nicht, sondern nur eine entscheidende Regel: Die eingesetzten Projekt-Management-Methoden müssen zum Vorgehensmodell und zur Unternehmenskultur passen."

Der Beispielfall Daimler

Ein großer Braincourt-Kunde ist die Daimler AG. Dort stand eine Grunderneuerung der Systeme an, mit denen die Monats-, Quartals- und Jahresabschlüsse sowie die internen und externen Berichte erstellt werden sollen. Das Vorhaben ließ unter dem Namen "Management Information Factory" (MIF). Die MIF sollte eine Reihe dezentraler Abschluss-, Planungs- und Reporting-Systeme ablösen, indem sie deren Funktionen auf einer zentralen Plattform integrierte. Das Ziel war ein multiwährungsfähiges System, das internationale Standards wie US-GAAP und IFRS verarbeiten kann und rund 1000 User an mehr als 200 Standorten anbindet. Auf vier Jahre war das Großprojekt angelegt.

Projektsteckbrief

Projektart: integriertes Planungs-, Konsolidierungs- und Reporting-System (Management Information Factory).

Branche: Automotive, Maschinenbau.

Umfang: für 1000 User an mehr als 200 Standorten.

Zeitrahmen: 48 Monate.

Stand heute: läuft produktiv.

Aufwand: 250 Projektbeteiligte.

Produkte: Java, Hyperion, Cognos.

Dienstleister: Braincourt GmbH für das externe Projekt-Management.

Ergebnis: eine Basis für die externe und interne Berichterstattung weltweit.

Für das Management dieses umfangreichen und wichtigen IT-Vorhabens holte sich der Daimler-Finanzbereich externe Unterstützung von Braincourt: "Wir kannten Professor Roth und sein Team bereits aus früheren Projekten", begründet Manfred Müller, MIF-Projektleiter bei der Daimler AG, die Wahl. Eine Rolle habe auch die enge Zusammenarbeit von Braincourt mit diversen Hochschulen gespielt, die sich in einem "erstklassigen Projekt-Management-Instrumentarium" niederschlage.

Und noch etwas sprach dafür, Außenstehende in das Projekt einzubeziehen: "Ein externer Berater kann Entscheidungen meist schneller durchsetzen als ein Unternehmensmitarbeiter", weiß Müller.