Die Schwierigkeiten im Offshoring

In Indien ticken die Uhren anders

22.09.2006
Von Wolfgang Winter
Kulturelle Unterschiede können den Erfolg eines Projekts ernsthaft gefährden.

Das Auslagern der Softwareentwicklung nach Indien spart keine Zeit. Früher glaubten viele Auftraggeber, mit dem Abliefern einer perfekten Spezifikation und entsprechender Akzeptanzkriterien alles Nötige für den Erfolg des Projekts getan zu haben. Solange die indischen Mitarbeiter keine Fragen stellten und keine Probleme berichteten, galt das Projekt als im Lot befindlich. Bei unzureichenden Leistungen oder Verzögerungen wurden die Regeln und Abnahmekriterien einfach erneut aufgestellt.

Hier lesen Sie...

  • warum Offshoring in Indien viel Feingefühl erfordert;

  • welche Folgen die kulturellen und mentalitätsbedingten Unterschiede haben können;

  • wie sich typische Fehler vermeiden lassen.

Schwierige Zusammenarbeit

Mittlerweile haben hiesige Unternehmen erkannt, wie aufwändig es ist, Softwareprojekte auf dem Subkontinent zu steuern. Vor allem die krassen Unterschiede in Mentalität, Kultur und Arbeitsweise erschweren die Zusammenarbeit. Diese treten schon beim Knüpfen der Geschäftsbeziehung zutage: Häufig kommt der Kontakt über Freunde oder Bekannte zustande. Vertrauen hat einen höheren Stellenwert als Verträge - nach dem Motto "Contracts are for divorce - trust is for marriage". Auch im Projektalltag brauchen die indischen Kollegen vor allem eine persönliche Atmosphäre, um die sachliche Ebene in den Griff zu bekommen. Erst dann entwickeln sie Loyalität und erbringen verlässliche Leistungen.

Hinzu kommt die hohe Bedeutung der hierarchischen Ordnung in Indien, die sich auch in den Führungsstrukturen der Unternehmen niederschlägt: Während sich ein deutscher Manager vor allem durch Anpacken Glaubwürdigkeit im Team verschafft, erwarten Inder von ihrem Vorgesetzten die respektgebietende Distanziertheit eines Patriarchen. Ein Manager, der einen jovialen Umgang mit seinen Mitarbeitern pflegt, stößt dagegen auf Unverständnis.