Everest-Studie zum Outsourcing nach Indien

Offshore: Selber machen ist teurer

06.11.2007
Spezialisierte Anbieter können Offshore-Dienste günstiger betreiben. Eigene Niederlassungen und Gesellschaften vor Ort zu gründen, lohnt sich einer aktuellen Studie zufolge aus Kostengründen nicht.

Wenn Unternehmen einen auf das Offshoring spezialisierten Service-Provider verpflichten können sie fünf bis 15 Prozent gegenüber dem Eigenbetrieb einsparen. Das ist das Ergebnis einer Analyse von Everest Research. Die Marktforscher haben die Gesamtkosten beider Alternativen betrachten: Auf der einen Seite steht das Angebot von Offshore-Spezialisten, auf der anderen Seite der Betrieb einer eigenen Niederlassung in einem Niedriglohnland wie zum Beispiel Indien. Die Analysten haben Betriebs- und Übertragungskosten, die Aufwendungen für den Vertrieb und das Marketing sowie die Gewinne der Dienstleister in ihre Rechnung einfließen lassen.

Schlanke Prozesse rechtfertigen Gewinnmargen

Das Ergebnis ist insofern bemerkenswert, als Offshore-Center im Eigenbetrieb weder gewinnorientiert arbeiten noch eine eigene Verkaufsmannschaft unterhalten müssen. Damit sollten sie einen Kostenvorteil gegenüber den externen Service-Providern haben. Dennoch arbeiten spezialisierten Anbieter günstiger: Ihre Prozesse sind schlanker und sie können Skaleneffekte besser heben. Die kaptiven, also unternehmenseigenen Offshore-Center, unterhalten dagegen den größeren Verwaltungsapparat und tun sich mit dem Wissenstransfer zum Start der entfernten Niederlassung schwerer. Nur die besten Offshore-Center im Eigenbetrieb arbeiten mit ihren gewinnorientierten externen Konkurrenten auf Augenhöhe. Die Everest-Experten fanden nur wenige kaptive Offshore-Zentralen, die effektiver als ausgelagerte Einheiten sind.

Wenngleich die Kosten als Argument für den Eigenbetrieb in der Regel ausscheiden, gibt es dennoch Gründe dafür, die Arbeiten im Unternehmensverbund zu behalten. Das kaptive Modell hat dort Stärken, wo Unternehmen Zugang zu neuen Märkten, lokalen Mitarbeitern und ortansässigen Management-Kapazitäten suchen. Zudem ist die Kontrolle über den geleisteten Service und die Integration in den Mutterkonzern besser. "Viele der Faktoren, die die kurzfristigen kaptiven Betriebskosten in die Höhe treiben, können sich langfristig als wertvolle Investitionen erweisen, die neue Geschäftsfelder eröffnen und strategische Nutzen stiften", räumte Nikhil Rajpal, Vice-President of Global Sourcing bei Everst Research, ein.

Third-Party-Anbieter nehmen hingegen den Unternehmen die Risiken, die mit dem Schritt in fremde Ländern verbunden sind, verfügen über begehrte und qualifizierte Mitarbeiter, können Skaleneffekte bieten und erachten die angebotenen Dienste als ihr Kerngeschäft. "In vielen Fällen ist eine Kombination aus beiden Modell die beste Lösung", sagte Eric Simonson, Managing Principal bei Everest Research. (jha)

Gehaltskosten

Kaptive Arbeitgeber tendieren dazu, ihren Mitarbeitern für besonders gefragte Soft Skills mehr zu zahlen. Verglichen mit den Service-Providern werben sie intensiver um neue Experten. Die externen Dienstleister zahlen weniger, bieten dafür aber bessere Karrierechancen.

Service-Provider

Kaptiver Betreiber

Jahresgehalt

7.770 bis 8.200 Dollar

9.500 bis 10.300 Dollar

Mietkosten in Bangalore

Die Service-Provider unterhalten große Gebäude am Stadtrand von Indiens Offshore-Metropole Bangalore. Kaptive Betrieber siedeln sich häufiger im teureren Innenstadtbereich an.

Service-Provider

Kaptive Betreiber

Kosten pro Quadratfuß

Elf bis 13 Dollar

14 bis 16 Dollar

Zahl des Führungspersonals

Die kaptiven Töchter benötigen mehr Führungskräfte für die Mitarbeiter in den Niedriglohnländern. Eine wichtige Maßeinheit dafür ist die Zahl der aus dem Heimatland des Mutterkonzerns entsandten Manager (Expatriates), die vor Ort die Experten steuern.

Service-Provider

Kaptive Betreiber

Zahl der Expatriates pro 1000 Vollzeitarbeitskräfte

Null bis eins

Drei bis fünf

Zahl der Führungskräfte pro 1000 Vollzeitarbeitskräfte

Zwölf bis 14

16 bis 18

Management-Kosten

Die kaptiven Töchter orientieren sich in ihren Gehaltsstrukturen für die Führungskräfte an den Richtlinien ihres Mutterkonzerns. Sie benötigen häufiger Branchen-Know-how als ihre freien Wettbewerber. Daher zahlen sie besser.

Service-Provider

Kaptive Betreiber

Jahresgehalt

55.000 bis 65.000 Dollar

70.000 bis 90.00ß Dollar

Reise- und Bewirtungskosten

Während die kaptiven Töchter zumeist liberale und großzügige Reiserichtlinien haben, zeigen sich die Service-Provider oft knauserig. Selbst für Führungskräfte ist bei Flugreisen die Economy-Class obligatorisch.

Service-Provider

Kaptive Betreiber

Reisekosten pro Vollzeitkraft und Jahr

280 bis 320 Dollar

900 bis 1060 Dollar

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