SAP

Auf Léo Apotheker wartet viel Arbeit

20.03.2009
Von  und
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Ab Ende Mai sitzt Léo Apotheker allein auf dem SAP-Thron. Doch Ruhe wird der neue Boss kaum finden. Auf ihn warten jede Menge offene Baustellen.

Die Zeiten sind unruhig - auch für SAP. Neben dem Ärger rund um die Erhöhung der Wartungsgebühren und den Verzögerungen der neuen Mittelstandslösung Business ByDesign muss sich Apotheker um eine ganze Reihe weiterer Probleme kümmern.

Neue Führung - neue Firmenkultur?

Mit dem neuen starken Mann übernimmt erstmals ein Vertriebsspezialist das Ruder. Außerdem ist Apotheker längst nicht so tief bei SAP verwurzelt wie seine Vorgänger. Der neue SAP-Boss lebt in Paris und hat keine Scheu, die badische Softwareschmiede internationaler aufzustellen. Das spiegelt sich in der Berufung des ehemaligen SAP-USA-Chefs Bill McDermott, des Ex-Business-Objects-CEO John Schwartz und des dänischen Entwicklungsspezialisten Jim Hageman Snabe in den SAP-Vorstand wider. Die alten SAP-Haudegen verschwinden dagegen: Peter Zencke hat sich bereits zum Jahresende 2008 aus Walldorf verabschiedet. Mit Apothekers noch amtierendem Co-Chef Henning Kagermann nimmt auch Claus Heinrich Ende Mai seinen Hut (siehe "SAP ändert die Spielregeln").

Die neue Handschrift Apothekers ist schon jetzt deutlich zu spüren. Er macht keinen Hehl aus seinen Prioritäten: Es geht um Effizienz und das Geschäft. Nach Jahren der Entwicklung werde es nun stärker darauf ankommen, die Ernte einzufahren, ließ der Manager im vergangenen Jahr durchblicken. Die härtere Gangart bekommen auch die Mitarbeiter zu spüren. Insider berichteten von rigiden Bewertungsrichtlinien, nach denen die Beschäftigten in verschiedene Leistungsschubladen gesteckt würden. SAP will davon offiziell allerdings nichts wissen.

Ende Januar hatte Apotheker bekannt gegeben, weltweit 3000 Stellen abzubauen (siehe "SAP entlässt"). Darüber hinaus hatte er Ende vergangenen Jahres angekündigt, Hierarchiestufen abzubauen und den Konzern in Richtung Lean Management zu trimmen. Damit will er die Rendite erhöhen und Produkte rascher auf den Markt bringen (siehe "SAP strukturiert um").

Experten halten die "Aufräumaktion" für überfällig. SAP habe in den zurückliegenden Jahren wie viele andere Firmen Speck angesetzt, bestätigt Christian Hestermann, Research Director von Gartner. Es tue dem Anbieter deshalb nicht weh, an dieser Stelle etwas abzunehmen - so bitter das für die betroffenen Mitarbeiter auch sei. Damit macht sich der neue SAP-Chef allerdings nicht unbedingt Freunde, sagt Rüdiger Spies von IDC: "Apotheker ist der bisher umstrittenste CEO."