GDPdU-relevante Auswertbarkeit

Firmen müssen bei der ERP-Ablösung auf Steuerdaten achten

08.09.2008
Wer sein ERP-System ablöst, muss steuerrelevante Daten für die Betriebsprüfung bereithalten. Verschiedene Firmen bieten Software, mit der sich archivierte Altdaten gesetzeskonform auswertbar machen lassen.

Derzeit trennt sich so manches Unternehmen vom alten ERP-System, um eine neue Software einzuführen. Stammdaten wie Kontenpläne und Lagereinträge des Altsystems überführen sie in die Nachfolgelösung. Allerdings wollen Wirtschaftsprüfer bei einer Betriebsprüfung auch die Geschäftsdaten aus der Zeit einsehen, als noch die alte Software beim Unternehmen im Einsatz war. Um dies zu gewährleisten, holt sich das Unternehmen vom Finanzamt die Erlaubnis, die alten Daten auf Papier oder in Form eines GDPdU-Outputs zur Verfügung zu stellen. "Diese Erlaubnis wird von der Behörde bei gleichzeitiger Ankündigung einer vorgezogenen Betriebsprüfung in der Regel gewährt", so Andreas Erhart, Leiter Beratung Business Intelligence / Financials beim ERP- und Rechnungswesenanbieter SoftM AG aus München (siehe auch den Kasten "Ablösung von Rechnungswesensystemen"). GDPdU steht für Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen.

Andere Firmen archivieren die Altdaten: Steuerrelevante Bewegungsdaten und Änderungsbelege der abgelösten Applikation wandern in ein elektronisches Archiv. Allerdings muss der Datenspeicher nicht nur die Angaben verlässlich sichern, sondern die gleichen Datenauswertungen bieten, die das alte ERP-System gestattet. „Das Archiv muss qualitativ und quantitativ gleichwertige Datenauswertungen gewährleisten wie das Produktivsystem“, erläutert Axel Zimmermann, Geschäftsführer der Firma Audicon aus Düsseldorf.

Unmittelbarer Zugriff auf die Hard- und Software

Von Belang sind die Auswertungen für die Betriebsprüfung. Die Steuerexperten wollen nämlich bis zu zehn Jahre in die Vergangenheit schauen können. Dies gilt dann, wenn der Prüfer mit einem PC die Firma aufsucht und gemäß der gesetzlich vorgesehenen Zugriffsart „Z1“ unmittelbaren Zugriff auf die Hard- und Software des Unternehmens verlangt. Allerdings dürfte kaum ein Anwenderunternehmen Interesse daran haben, für etwaige Besuche von Prüfern das Altsystem im Hintergrund weiterlaufen zu lassen. Manche Firmen übernehmen Bewegungsdaten nur in verdichteter Form in das neue ERP-System, was aber nicht mehr den Vorgaben der Finanzbehörden entspricht.
Andere Unternehmen fahren das Altsystem herunter und halten es auf einem Rechner vor, in der Hoffnung, es bei einem Prüfungstermin wieder fehlerfrei hochfahren zu können.
Firmen warten ab

Für die Finanzbehörden macht niemand gern Geld locker

Experten sind immer wieder erstaunt, wie wenig Unternehmen darüber informiert sind, welche Aufgaben bei einer ERP-Migration oder -Ablösung auf sie zukommen. „Viele Unternehmen haben zwar von den gesetzlichen Bestimmungen gehört, wissen aber nicht, was genau sie tun sollen, und warten lieber ab. Auch die ERP-Hersteller sowie deren Einführungspartner sensibilisieren die Firmen oft nicht“, hat Paul Liese, Vertriebschef und Gesellschafter des Softwarehauses HSP Handels-Software-Partner aus Norderstedt bei Hamburg, festgestellt. Liese zufolge sind es eher die Großfirmen, die erkennen, dass sie in Sachen Datenaufbewahrung etwas tun müssen, wenn sie sich von ihrer ERP-Software trennen wollen. Doch auch hier hält sich die Motivation mitunter in Grenzen. „Ein Problem ist, dass Firmen nicht gern Geld ausgeben wollen, um den Staat schlauer zu machen“, so Liese. Zudem gebe es auch noch keinen Präzedenzfall, in dem eine Firma rechtlich belangt wurde, weil sie die Auswertung mit einem Altsystem nicht gewährleisten konnte.

Grundsätzlich hat der Steuerprüfer aber die Möglichkeit, digitale Betriebsprüfungen vorzunehmen. „In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg erfolgen etwa 70 Prozent aller Prüfungen elektronisch“, so Audicon-Chef Zimmermann.