Update: SAP-Software macht Anwender nicht erfolgreicher

20.03.2006
SAP will die Ergebnisse der Marktforscher von Nucleus Research nicht gelten lassen, wonach die eigenen Kunden weniger erfolgreich am Markt agierten als der Branchendurchschnitt.

Die Marktforscher von Nucleus Research haben die Ergebnisse von 81 SAP-Kunden, deren Papiere an der Börse gehandelt werden, unter die Lupe genommen. Im Fokus stand dabei die Eigenkapitalrendite (Return on Equity, RoE), die in aller Regel in den Finanzberichten der jeweiligen Unternehmen publiziert wird. Nucleus Research kam zu dem Ergebnis, dass die SAP-Kunden im Durchschnitt auf einen RoE von 12,6 Prozent kommen, verglichen mit einem Durchschnittswert von 15,7 Prozent über alle Branchen hinweg. Damit würden die SAP-Anwender um knapp 20 Prozent weniger profitabel wirtschaften als der Industriequerschnitt. Die Quintessenz der Marktforscher lautet: "The best-run-business don't run SAP." Potenzielle Kunden sollten daher genau überlegen, was sie erwarten, und den Marketing-Aussagen der SAP skeptisch gegenüber stehen.

"Aus Sicht der SAP weist die Nucleus-Studie einige wesentliche Schwachpunkte auf, insbesondere bezogen auf die Datenbasis und die Berechnung der Profitabilität", kritisiert dagegen SAP-Sprecher Bill Wohl. Die 81 Kunden, die Nucleus Research von der Website der SAP ausgewählt habe, entsprächen nicht einmal einem Viertel Prozent der SAP-Kundenbasis. Außerdem könne die Auswahl nicht als repräsentativer Querschnitt gewertet werden. Außerdem könne der Ansatz der Eigenkapitalrendite zu irreführenden Ergebnissen führen. Diese Methode sei weder für jede Branche geeignet, noch gebe sie ein umfassendes Bild der jeweiligen Unternehmenssituation wieder.

Der deutsche Softwarekonzern hält Nucleus Research die Untersuchungsresultate von Stratascope dagegen. Die von SAP beauftragten Marktforscher hätten demnach im vergangenen Jahr die Ergebnisse von 587 SAP-Kunden (1,7 Prozent der gesamten Kundenbasis) mit denen von 2769 Nicht-SAP-Kunden verglichen. Dabei wurde ein Profitabilitätsquotient bezogen auf den Nettoumsatz nach Abzug der Betriebskosten verwendet. "Die so erhobenen Zahlen sind neutral, vergleichbar und nachvollziehbar", behauptet Wohl.

Stratascope zufolge hätten die Nicht-SAP-Kunden eine durchschnittliche Profitabilität von 7,8 Prozent erreicht, während die SAP-Kunden mit einem Wert von 10,3 Prozent um 32 Prozent profitabler gearbeitet hätten. Bei der Berechnung des Return on Invested Capital (RoIC) hätte die SAP-Klientel mit 28,3 Prozent die Nase vorn gehabt. SAP werde weiter auf die Expertise von Stratascope bauen, versichert SAP-Sprecher Wohl. Damit würde der SAP-Slogan "The best-run businesses run SAP" eindrucksvoll untermauert.

Diese Botschaft wird seitens der SAP stark strapaziert. Es gibt kaum eine Veranstaltung des Konzerns, auf der nicht mit großflächigen Videos damit geworben wird, wie erfolgreich die eigenen Anwender in ihren jeweiligen Märkten unterwegs seien. Nicholas Carr, der vor knapp zwei Jahren mit seiner Behauptung "IT doesn't matter" für Aufesehen gesorgt hatte, zweifelt offen an diesen Behauptungen. Es sei ein ziemlich hoher Anspruch, höhere Profite in Verbindung mit dem Einsatz einer bestimmten Software zu bringen, schreibt Carr in seinem Weblog. Es gebe kaum Möglichkeiten, dies zu verifizieren. Zudem habe SAP zwar Millionen in seine Werbekampagne gesteckt. Die Studie selbst, auf der alles aufbaut, sei aber nie öffentlich gemacht worden. "Wir haben nur den Slogan bekommen, nicht die Fakten."

SAP und Nucleus Research waren bereits vor drei Jahren aneinander geraten (siehe auch: Nucleus-Studie lässt SAP-Aktie sacken). Damals veröffentlichten die Marktforscher eine Studie, wonach 57 Prozent der befragten 21 Referenzkunden angegeben hätten, die mit SAP-Software erzielten Vorteile seien durch die hohen Aufwände für Implementierung, Anpassung und Support wieder aufgefressen worden. Die SAP-Verantwortlichen verurteilten die Studie als Mikroprobe und stuften sie als unwissenschaftlich ein. (ba)