ERP: SoftM attackiert mit Sharknex alte Rechnungwesensysteme

16.10.2007
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Mit einem auf Java basierenden Rechnungswesen will der Münchner Business-Software-Anbieter SoftM AG Nutzer alter Programme zu einem Umstieg bewegen. Dies schließt die eigene Schilling-, DKS- und SoftM-Suite-Klientel ein. "Sharknex" verfügt über eine Finanzbuchhaltung, Controlling, integrierte Business-Intelligence-Funktionen (BI) und eine Anlagenbuchhaltung.

"Alle acht bis zehn Jahre tauschen Firmen ihr Rechnungswesen aus", so Jens Göbel, Leiter des Bereichs Finance bei SoftM. Oft entsprechen die Altsysteme nicht mehr den Anforderungen der Anwender, beispielsweise was die Eigenschaften in punkto Controlling, Berichtswesen, internationale Rechnungslegung und Konzernfunktionen betrifft. An solche Unternehmen richtet sich SoftM mit Sharknex vor allem. Da dieser Markt jedoch kein allzu großes Wachstum verspricht, ist die Strategie darauf ausgelegt, Konkurrenten wie etwa Varial, Diamant und CSS Marktanteile abzunehmen. Einen Prototypen der Software hatte das Unternehmen auf der diesjährigen CeBIT vorgestellt.

Neues Rechnungswesen mit Controlling und BI-Cockpit

Mit Sharknex bringt SoftM ein eigenen Angaben zufolge komplett neu entwickeltes Rechnungswesen auf Java-Basis auf den Markt. Neben den Standardfunktionen zur Finanzbuchhaltung verfüge es über ein Finanz-Controlling, eine Anlagenbuchhaltung sowie ein "BI-Cockpit". Damit sei man in der Lage, Firmen eine Fülle an Funktionen in einem Produkt anzubieten. Kaufen sollen Sharknex Unternehmen, die beispielsweise ein altes Stand-alone-Rechnungswesen verwenden. Zum Teil haben diese Betriebe bereits für andere Aufgaben wie etwa die Produktion modernere Software im Einsatz, verwenden aber für buchhalterische Abläufe Altsysteme. Dies trifft auch auf eine Vielzahl der Kunden zu, die Programme von Schilling und DKS verwenden, die auf der Midrange-Rechnerlinie "i5" (vormals AS/400) von IBM laufen.

Umstiegsoption für AS/400-Kunden

Diesen Unternehmen will der Hersteller mit Sharknex eine moderne Umstiegsvariante bieten, bevor dies Konkurrenten tun. "Wenn bisher ein Rechnungswesenkunde die i5-Plattform verlassen wollte, haben wir ihn verloren", so Göbel, der zuvor Chef von Schilling Software war und seit Sommer dieses Jahres den neuen SoftM-Geschäftsbereich Finance leitet. Dies ist die dritte Konzernsäule neben dem ERP-Geschäft, in dem vor allem "Semiramis" für Neugeschäft sorgen soll, und der Systemintegration.

Finanzbuchhaltung für die ERP-Software Semiramis

Darüber hinaus dient Sharknex als hauseigenes Rechnungswesenprodukt für Semiramis. Bisher verwendeten Anwender dieser Lösung ein Drittsystem, meist vom SoftM-Wettbewerber Varial, der Teil des Softwarekonzerns Infor ist. Die Integration erlaube es zum Beispiel, das BI-Cockpit von Sharknex auch mit ERP-Daten zu füllen. Gleichwohl sei es machbar, für Sharknex und Semiramis unabhängig voneinander Release-Wechsel zu vollziehen. Dies hat den Vorteil, dass Anwender, die ein Rechnungswesen-Update fahren wollen, nicht gleichzeitig auch beispielsweise die Materialwirtschaft aktualisieren müssen, obwohl sie dabei die eingespielten Funktionen nicht benötigen. Außerdem verwendet der schweizerische Softwarehersteller Bison Sharknex unter dem Namen "Greenax Finance" als Rechnungswesen im ERP-Produkt "Greenax". SoftM hatte gemeinsam mit Bison das für den Handel konzipierte Java-ERP-System Greenax auf den Markt gebracht. Nachdem die Münchner den insolventen Anbieter Semiramis gekauft hatten, trennten sich die Wege beider Firmen. Dennoch besteht eine Entwicklungspartnerschaft zwischen beiden Softwarehäusern: Sharknex wird mit dem Java-Entwicklungs-Framework "Bison Solution" des schweizerischen ERP-Anbieters entwickelt.

Die Konkurrenz schläft nicht

SoftM strebt zudem Partnerschaften mit Softwarehäusern an, die Sharknex als Rechnungswesen in eigenen Softwareangeboten verwenden sollen. Diese OEM-Strategie verfolgen Buchhaltungsspezialisten wie CSS, Varial und Diamant schon lange. Und auch Themen wie Konzernbuchhaltung, Planung und Controlling hat sich der Mitbewerb schon auf die Fahnen geschrieben. Somit muss SoftM erst unter Beweis stellen, ob – wie Göbel behauptet - das neue Rechnungswesenprodukt tatsächlich den Wettbewerbssystemen in puncto Funktionsabdeckung überlegen ist.

Die grafische Oberfläche stellt Zusammenhänge beispielsweise zwischen Anlagegütern und dazugehörigen Berichten dar.
Die grafische Oberfläche stellt Zusammenhänge beispielsweise zwischen Anlagegütern und dazugehörigen Berichten dar.
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Zu den Besonderheiten der Software zählen laut SoftM Abrechnungsmethoden für Handelsketten, die heute oft noch manuelle Tätigkeiten von Sachbearbeitern automatisieren sollen. Punkten will SoftM auch mit einer modernen Oberfläche: Eine grafische Ansicht gestattet es beispielsweise, zu einem Anlagegut die dazugehörigen Anlagenbewegungen, Berichte und Kostenstellen wie in einem Spinnennetz darzustellen.

Microsoft-Datenbank liefert BI-Funktionen

Während SoftM die meisten Funktionen selbst programmiert hat, verwendet das Unternehmen für Business-Intelligence-Aufgaben die "Analysis Services" und die "Reporting Services" von Microsoft. Zwar setzen beide Komponenten die Microsoft-Datenbank SQL Server voraus, laut SoftM stünden aber alle Funktionen von Sharknex auch denn zur Verfügung, wenn das Rechnungswesen eine Datenbank von IBM oder Oracle verwendet. Neben unterschiedlichen Datenbanken unterstützt die SoftM-Lösung auch mehrere Betriebssysteme: Windows Server 2003, Linux (Suse und Redhat) sowie i5 OS.

Web-Client für externen Zugriff

Bedient wird die Anwendung über einen Rich Client. Buchhalter sind in der Lage, das Programm ohne Maus zu bedienen. Das Anzeigegerät ist vor allem für Auswertungen erforderlich, nicht aber für Buchungen. Ein Web-Client gestattet einen externen Zugriff.

Pro Nutzer kostet Sharknex 3400 Euro, wobei SoftM hier gleichzeitige (concurrent) und keine Named User vorsieht. Darin sind die Finanz- und Anlagenbuchhaltung, das Controlling sowie das BI-Cockpit enthalten. Zusätzlich fallen noch einmalig etwa 2000 Euro für die Analysis-Services-Lizenz an. Damit können auch "Display-Nutzer" das System verwenden. So bezeichnet Göbel Anwender, die beispielsweise nur Auswertungen fahren möchten, nicht aber Belege buchen. Wer nur eine reine Finanzbuchhaltung wünscht, zahlt 2100 Euro pro Nutzer. Laut Göbel liegen diese Preise unter denen für die Rechnungswesenfunktionen der SoftM Suite und Schilling Software. "Zwar hat im Vertrieb Sharknex Vorrang, doch wir werden keinen Bestandskunden zu einem Umstieg zwingen", so Göbel. Nutzern von SoftM-Altsystemen will der Manager "nachvollziehbare Migrationskonditionen" unterbreiten, was übersetzt bedeutet: Je älter ein Release ist, desto höher steigt der Preis für die Sharknex-Lizenzen.