Business ByDesign irritiert SAPs Mittelstandspartner

13.02.2008
SAP braucht Vertriebspartner für die neue Mietsoftware, die als Reseller agieren und in Stückzahlen denken. Das Beratungsgeschäft soll nur ein Zubrot sein. Davon sind nicht alle angestammten SAP-Partner begeistert.

SAP-Manager Andreas Naunin hatte eine schwierige Botschaft herüberzubringen. Auf der von Raad Research veranstalteten Partnerkonferenz "SAP-Markt Deutschland" wollte SAPs Verantwortlicher für den Unternehmensbereich Mittelstand den deutschen Partnern einen differenzierten Überblick über das Mittelstandsangebot der Walldorfer geben und dabei herausarbeiten, warum es sich lohnt, Vertriebspartner für die neue Mietsoftware "Business ByDesign" zu werden. Das gelang dem Geschäftsleitungsmitglied der SAP Deutschland AG & Co. KG nur bedingt, wie anschließende Diskussionen unter den Konferenzteilnehmern zeigten.

SAP-Partner, die bislang erfolgreich beratungsintensive Produkte über längere Zeiträume beim Kunden einführten und dabei gut verdienten, sollen nun für das Software-as-a-Service-Modell begeistert werden. Die Konferenz zeigte, dass die Walldorfer hier noch Einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen. Besucht man die SAP-Website und sieht sich die Informationen zu Business ByDesign an, dann findet man Aussagen wie: "Anwender selbst können die Lösung schnell und individuell konfigurieren – ein kundenspezifischer Try-and-Buy-Prozess macht dies möglich. Zentrale Bestandteile der Lösung sind eine Lernumgebung und standardmäßige Services- und Supportleistungen – für schnellen Anwendernutzen und mehr Produktivität von Anfang an."

Informationen zu SAP Business byDesign

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SAP-Partner, die sich im Kreise ihresgleichen informieren wollen, sind bei der International Association 4 SAP-Partners (IA4SP) gut aufgehoben.

Anwender, die sich in einer SAP-User Group organisieren wollen, können sich an die Deutschsprachige SAP Anwendergruppe e.V. (DSAG) wenden.

Sind Sie selbst Anwender von Business byDesign? Wollen Sie die Leser der COMPUTERWOCHE über Ihre ersten Erfahrungen ins Bild setzen? Dann wenden Sie sich bitte per E-Mail an CW-Redakteur Martin Bayer (mbayer@computerwoche.de)!

Für die Kunden mögen das gute Nachrichten sein - so sie sich bewahrheiten. Für jene SAPs Mittelstandspartner, die etwas zu verlieren haben, hören sich die Marketing-Botschaften der SAP aber bedrohlich an: Das wichtigste Verkaufsargument für das SaaS-Angebot ist die schnelle und reibungslose Einführung, die nur wenig Beratungsaufwand verursachen soll. Auch in Wikipedia heißt es über Business ByDesign: "Die Einführung des Systems kann grundsätzlich auch direkt durch den Kunden und ohne Berater erfolgen."

Naunin verdeutlichte denn auch, dass sich SAP für Business ByDesign eher ein Produkt- als ein Projektgeschäft vorstelle, der Fokus müsse auf der Vermarktung in größeren Stückzahlen liegen – hier will SAP die Partner mit einem prozentualen Anteil in nicht genannter Höhe beteiligen. Etwas widersprüchlich sagte Naunin aber auch, es handele sich um ein Standardsystem, an dessen Konfiguration und Einführung die Partner gut verdienen könnten, zumal ein gewisser Schulungsaufwand unabdingbar sei. Im offiziellen Marketing betonen die Walldorfer eher die Einfachheit und schnelle Anpassbarkeit der Software.

Wie SAP sich das Mittelstandsgeschäft denkt

Mit seinen Produkten für den Mittelstand riskiert SAP Überschneidungen im eigenen Angebot. All-in-One und Business ByDesign konkurrieren:

  • Unternehmen mit mehr als 2500 Mitarbeitern beziehen die Business Suite inklusive ERP 6.0;

  • Betriebe mit 100 bis 2500 Mitarbeitern erhalten die branchenspezifisch konfigurierte Software "Business All-in-One";

  • Kleinere Mittelständler mit 100 bis 500 Mitarbeitern sollen die SaaS-Lösung "Business ByDesign" kaufen. SAP verlangt eine Mindestabnahme von 25 Lizenzen. Jede Lizenz schlägt derzeit mit 133 Euro zu Buche, so dass bei 25 Arbeitsplätzen monatlich 3325 Euro und jährlich 39.900 Euro anfallen.

  • Kleinbetriebe mit bis zu 100 Mitarbeitern bekommen "Business One".

SAPs Mittelstandspartner haben nun die Wahl: Verkaufen sie ausschließlich All-in-One, machen sie zwar vorerst wohl mehr Geschäft mit Dienstleistungen rund um die Produkteinführung und -wartung, aber auf Dauer droht eine Kannibalisierung durch den Newcomer Business ByDesign, für den SAP verstärkt die Marketing-Trommel rühren wird. Verlassen sie sich aber auf Business ByDesign, so müssen sie sich neu aufstellen, den Fokus auf den Massenverkauf legen und das Dienstleistungsgeschäft zurückfahren, um auf ihre Kosten zu kommen. Die Einstiegsbarriere in diesen Markt ist geringer, die Konkurrenz dürfte härter werden.

So stellt sich SAP den Mittelstand vor.
So stellt sich SAP den Mittelstand vor.
Foto: SAP

Bislang ist SAP noch Aussagen darüber schuldig geblieben, was mit Anwendern geschieht, die aus der typischen Business-ByDesign-Klientel herauswachsen. Sollen diese auf ein On-Premise-Produkt wechseln? Oder wird SAP die SaaS-Software schnell weiterentwickeln und den Funktionsumfang mit der Klientel – bis zu einer gewissen Größenordnung - wachsen lassen. Das würde bedeuten, dass All-in-One-Partner mit einem größeren Verdrängungswettbewerb rechnen müssten.

Bauen die Partner parallel zu All-in-One beziehungsweise Business One einen weiteren Vertriebskanal für Business ByDesign auf, schaffen sie konkurrierende Strukturen im eigenen Unternehmen. Außerdem ist ihre Glaubwürdigkeit bedroht, denn auch die Kunden wissen, dass die Partner an aufwändig anzupassender On-Premise.-Software besser verdienen als an SaaS-Lösungen. Hinzu kommt die neue Konkurrenzsituation: An der Verkaufsfront dürften sie mit neuen SAP-Partnern konfrontiert werden, die ausschließlich das SaaS-Produkt anbieten und sich dessen Vertrieb und Anpassung mit anderer Hingabe widmen dürften.

Werner Hölzl, Geschäftsführer von Versino, gehört zu den ersten "Business-ByDesign"-Partnern. "Der Dienstleistungsumfang von Business ByDesign ist geringer", sagte Hölzl bereits Ende letzten Jahres im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Außerdem biete das On-Demand-Produkt den Kunden einen deutlichen Kostenvorteil. Damit werde auch der Vertrieb für den Partner einfacher. Hölzl geht deshalb davon aus, dass sich die Lösung auch mit geringem Aufwand im Markt platzieren lasse.

Deutsche Reseller von Business byDesign:

TDS,

CIB;

All for One;

Denker & Lenker;

Itelligence;

Kirbis

Seeburger

Steeb Anwendungssysteme

Versino

Kommentar:

Business ByDesign ist für SAP der Einstieg in den langsamen Ausstieg aus einem lange Jahre gepflegten Softwaregeschäft, das auf teure Beratungs- und Dienstleistungsangebote Dritter angewiesen ist. Jahrzehntelang hatten sich die Partner im Speckgürtel rund um SAPs Applikationen eingerichtet und sich teilweise sogar unentbehrlich gemacht. Nicht allen Kunden hat das gefallen: Neben den hohen Lizenzkosten mussten sie permanent für hoch spezialisierte Berater und Dienstleister zahlen, die immer knapper und teurer wurden.

SaaS ist das Geschäftsmodell, das mit möglichst wenig solcher Beratungsleistungen auskommen will. Auch lassen sich die Kosten für die Infrastruktur vor Ort senken, so dass die Kunden selbst weniger IT-Personal einstellen müssen. Das Konzept funktioniert nicht nur im Mittelstand, wie ein Blick auf die Kundenliste des großen SAP-Rivalen Salesforce.com zeigt.

Der Haken aus SAP-Sicht ist jedoch, dass sie diesen Zukunftsmarkt, der die Partner auf Dauer schwächen wird, nicht ohne Partner aufbauen kann. Deshalb steht zu erwarten, dass die Walldorfer für Business ByDesign ein neues Vertriebsnetz etablieren werden, das nur wenig Überschneidungen mit den bisherigen Mittelstandspartnern aufweisen dürfte. Letztere können sich dank der gegenwärtig günstigen Konjunktur und der langen Anlaufphase für SAP vorerst noch in Sicherheit wiegen – aber nicht auf Dauer. (hv)