Spezialgesetz

Internet-Sperren kommen - in begrenzter Form

16.06.2009
Trotz massiver Einwände von Internet-Nutzern will die große Koalition Web-Sperren im Kampf gegen Kinderpornographie durchsetzen.

SPD und Union verständigten sich dazu auf ein Spezialgesetz, das zunächst auf drei Jahre befristet wird. Das neue "Zugangserschwerungsgesetz" soll am Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden.

Nach Angaben der Verhandlungsführer der Koalitionsfraktionen vom Dienstag soll ein fünfköpfiges Expertengremium beim Bundesdatenschutzbeauftragten die Sperrlisten des Bundeskriminalamts (BKA) überwachen. Mindestens drei Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Wenn Zweifel auftauchen, entscheidet dieses Gremium, ob bestimmte Seiten aus der BKA-Liste gestrichen werden müssen.

Websurfer, die vor den Stoppschildern für Kinderporno-Seiten landen, sollen auch keine Strafverfolgung fürchten müssen. Nach dem Prinzip "Löschen vor Sperren" muss das BKA zunächst auch versuchen, über die Internetanbieter die Kinderporno-Seiten zu löschen. Erst danach greift die Sperre. Ursprünglich sollte die Internetsperren Teil des Telemediengesetzes sein.

Das nun geplante Spezialgesetz bleibt im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums. Wenn es nach drei Jahren ausläuft, muss innerhalb eines weiteren Jahres entschieden werden, ob es geändert wird oder ganz wegfällt - etwa zugunsten von neuen internationalen Bestimmungen zur Bekämpfung der Kinderpornographie.

In der Internetgemeinde werden die Sperren heftig bekämpft und als Einstieg in eine Zensur gesehen. Die Grundrechte der Allgemeinheit würden eingeschränkt. "Es wird eine Büchse der Pandora geöffnet." Eine Protest-Petition wurde inzwischen von über 130.000 Unterzeichnern unterstützt.

Union und SPD reklamieren für sich, ihre Positionen in dem nun vorliegenden Gesetzentwurf durchgesetzt zu haben. Er geht auf eine Initiative von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zurück. Die Möglichkeit der strafrechtlichen Verfolgung sei ursprünglich Vorschlag von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) gewesen, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion, Martina Krogmann, der Deutschen Presse-Agentur dpa.

SPD-Verhandlungsführer Martin Dörmann sagte dagegen der dpa, die Union sei auf die Bedenken der Sozialdemokraten eingegangen. Mit dem Spezialgesetz werde klargestellt, dass die Sperren nicht auf weitere Bereiche ausgeweitet werden könnten.

Der Bundesrat hatte die angestrebte Blockade von Kinderporno-Angeboten im Internet als datenschutzrechtlich bedenklich eingestuft. Auch er hatte die Einbeziehung eines unabhängigen Gremiums verlangt. So könne man verhindern, dass auch legale Seiten gesperrt werden. Die Internetwirtschaft zweifelt am Sinn des Vorhabens und hatte davor gewarnt, das Gesetz durch den Bundestag zu peitschen. (dpa/tc)