Marktmissbrauch

EU brummt Intel Rekordstrafe auf

13.05.2009
Die Botschaft der europäischen Wettbewerbshüter ist klar: Der weltgrößte Chiphersteller Intel hat mit illegalen Hinterzimmer-Absprachen versucht, seine Konkurrenten vom Markt zu verdrängen und damit seine dominante Marktstellung missbraucht.

Dafür muss nun Intel eine Strafe von 1,06 Milliarden Euro an die Europäische Union zahlen. "Das ist das höchste Bußgeld, das wir jemals beschlossen haben", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Mittwoch. Es hätte auch noch höher ausfallen können. "Millionen Verbraucher in Europa waren über fünf Jahre hinweg betroffen - die Höhe des Bußgeldes sollte deshalb keine Überraschung sein."

Die Auswirkungen der Mauscheleien von Intel konnten Computerkäufer auch in Deutschland sehr konkret erleben. So suchten sie in den Märkten der Media Saturn Holding häufig vergeblich nach Rechnern, die mit einem Mikroprozessor des Intel-Konkurrenten AMD laufen. Zu den Geschäften zählen auch die europaweit verbreiteten Media-Märkte. Intel hatte den Märkten nach Einschätzung der EU illegal direkte Zahlungen zukommen lassen, damit dort beispielsweise nur Notebooks mit Prozessoren von Intel verkauft werden. Selbst im Media Markt in Dresden, unweit der großen AMD-Fabrik, wurden die Produkte des Intel-Wettbewerbers nicht in die Regale gestellt.

Intel mischte sich aber nicht nur in den Vertrieb von PCs ein, sondern beeinflusste mit wettbewerbswidrigen Rabatten die Produktpolitik einzelner Hersteller. So wurde beispielsweise ein führender PC-Produzent finanziell dafür belohnt, dass er den Marktstart einer Produktlinie mit einem AMD-Prozessor künstlich verzögert hatte. Andere sogenannte OEMs (Original Equipment Manufacturer) erhielten Sonderrabatte, wenn sie ausschließlich Chips von Intel im Programm hatten.

Bei Intel ist man über das Urteil der EU-Kommission entsetzt. Was von der EU als rechtswidrige Geschäftspolitik verurteilt wird, rechtfertigt der Marktführer als legales Rabattsystem, von dem vor allem der Verbraucher durch niedrigere Endkundenpreise profitiere. "Wir glauben, dass die Entscheidung falsch ist", sagte Intel-Chef Paul Otellini und kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an. Es habe absolut keinen Schaden für den Verbraucher gegeben. Intel-Chefjurist Bruce Sewell bestritt, dass sein Unternehmen Computerbauern und Handelsketten direkte Zahlungen für den Einbau und den Verkauf von Intel-Produkten habe zukommen lassen. Intel habe lediglich Rabatte für den Kauf größerer Mengen gewährt.

Aus Intel-Kreisen wird in diesem Zusammenhang immer wieder darauf verwiesen, dass es für alle Mitarbeiter strikte Anweisungen gebe, gegenüber Wettbewerbern fair aufzutreten. So dürften beispielsweise selbst in internen E-Mails die Produkte der Konkurrenten nicht madig gemacht werden. EU-Wettbewerbshüterin Kroes beeindruckte das wenig: "Intel hat Millionen europäischer Verbraucher geschadet, indem es viele Jahre lang gezielt versucht hat, Wettbewerbern den Zugang zum Computerchipmarkt zu verwehren. Ein derart schwerer und anhaltender Verstoß gegen das EU-Kartellrecht kann nicht hingenommen werden."

Bei AMD knallten nach dem Urteil die Sektkorken. "Mit dieser Entscheidung wird der Monopolist in seine Schranken gewiesen. Nun kann die Marktmacht dahin gehen, wo sie eigentlich hingehört - zu den Computerherstellern, den Computerhändlern und vor allem den Käufern von PCs", sagte der AMD-Manager Giuliano Meroni. AMD, der zweitgrößte Chiphersteller der Welt, hatte mit seinen Klagen über die Geschäftspraktiken von Intel vor acht Jahren das Verfahren gegen Intel ins Rollen gebracht.

AMD/Globalfoundries fertigt auch in Dresden.
AMD/Globalfoundries fertigt auch in Dresden.
Foto: Globalfoundries AMD

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) stellte sich an die Seite von AMD: Die EU-Kommission müsse nun durchsetzen, dass Verbraucher in Europa beim Computerkauf wieder überall zwischen PCs mit verschiedenen Prozessoren wählen können. Dies stärke auch den Standort Dresden mit den Unternehmen Globalfoundries, AMD und Infineon.

Intel ist der zweite amerikanische IT-Konzern, der von der EU ein gigantisches Bußgeld aufgebrummt bekommt. Microsoft wurde im Februar 2008 mit einer Strafe von 899 Millionen Euro belegt, gegen die das Unternehmen von Steve Ballmer Widerspruch eingelegt hat. Addiert man alle Bußgelder gegen den Softwaregiganten Microsoft, kommt man sogar auf 1,7 Milliarden Euro. (dpa/tc)