Spitzelaffäre

Telekom-Aufsichtsrat stellt sich hinter Obermann

29.05.2008
Telekom-Chef René Obermann hat einem Pressebericht zufolge versucht, die Spitzel-Affäre in seinem Konzern nach außen zu vertuschen.

Als im Sommer 2007 die erste Bespitzelung eines Journalisten entdeckt wurde, habe die Telekom habe es damals versäumt, die betroffene Redaktion zu unterrichten, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag). "Die Telekom hat die Redaktion damals nicht informiert", sagte ein Telekom-Sprecher dem Blatt. Man habe gehofft, den Fall aus der Öffentlichkeit heraushalten zu können.

Rückblickend könne man dies kritisch hinterfragen. "Wir sind damals aber davon ausgegangen, dass es sich um einen Einzelfall handelt", sagte er. Das Bonner Unternehmen informierte den betroffenen Redakteur vor einigen Tagen, nachdem weitere Bespitzelungsfälle aufgetaucht waren. Laut der "Süddeutschen Zeitung" handelt es sich bei dem bespitzelten Journalisten um Reinhard Kowalewsky vom Magazin "Capital". Dieser hatte 2005 und 2006 wiederholt über Interna aus Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen berichtet. Die Sicherheitsleute der Telekom hätten vermutet, dass der Redakteur seine Informationen vom Chef des Konzernbetriebsrats, Wilhelm Wegner, erhalte, der dem Aufsichtsrat angehört.

Der Fall "Capital" wurde bei der Telekom laut "SZ" im Sommer 2007 durch einen internen Hinweis bekannt. Obermann habe daraufhin den Chef der Sicherheitsabteilung entlassen und die Konzernsicherheit umgekrempelt.

Unterdessen stärkte der Aufsichtsrat der Telekom Vorstandschef René Obermann in der Bespitzelungsaffäre den Rücken. Das Kontrollgremium habe ausdrücklich die von ihm eingeleiteten Maßnahmen begrüßt und seinen Kurs unterstützt, um künftig einen Datenmissbrauch in dem Unternehmen zu verhindern, sagte Konzernsprecher Philipp Schindera am späten Mittwochabend in Bonn. Zu den Details, die auf der fünfstündigen Sitzung des Aufsichtsrates besprochen wurden, wollte er sich nicht äußern.

"FTD": Bespitzelung schon viel früher

Die Telekom soll aber schon viel früher als bisher bekannt Spitzelaufträge erteilt haben, um Informanten aus dem Konzern auf die Schliche zu kommen. Wie die "Financial Times Deutschland" (FTD) in ihrer Donnerstagsausgabe berichtet, erteilte das Unternehmen dazu bereits im Jahr 2000 Aufträge. Diesen Spitzelauftrag 2000 habe ein Mitarbeiter vergeben, der später zum Leiter der Telekom-Konzernsicherheit aufgestiegen sei. Unklar ist nach Angaben der Zeitung aber, in wessen Auftrag er gehandelt habe. Vorstandschef war damals Ron Sommer.

Für den Spitzelauftrag 2000 wurde nach Informationen der Zeitung die Berliner Control Risks Group (CRG) als Partner gewählt. "Wir haben dazu nichts in unseren Unterlagen gefunden. Wenn es so gewesen sein sollte, wäre das ein klarer Verstoß gegen sämtliche internen Ethikrichtlinien", sagte Jürgen Stephan, seit 2003 CRG-Geschäftsführer. Die gesamte Abteilung Corporate Investigations sei Anfang des Jahrzehnts ausgetauscht worden. Control Risks habe interne Untersuchungen eingeleitet und nehme die Vorwürfe sehr ernst, sagte Stephan laut Angaben der "Financial Times Deutschland".

Nach weiteren Angaben des Blattes suchte als Subunternehmen für den ehemaligen Staatskonzern die von Ex-Geheimdienstlern gegründete Berliner Wirtschaftsdetektei Desa nach einem Leck bei der Telekom. Im Visier habe dabei unter anderem ein Reporter der "FTD" gestanden. Ein Konzernsprecher sagte, der Fall sei dem Unternehmen nicht bekannt.

Wie das Hamburger Wirtschaftsblatt weiter berichtete, seien die Methoden weit über das für die Jahre 2005 und 2006 bekannte Auswerten von Telefonverbindungen hinausgegangen. Die privaten Fahnder versuchten sogar, mit versteckter Kamera Hinweise auf die Kontaktperson des Reporters zu finden. Dies lege nahe, dass die Telekom jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und ihre Spitzenkräfte unterhalten habe, resümierte das Blatt. (dpa/tc)