Bewerbung

Wenn CIOs auf Jobsuche gehen

13.03.2012
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.
Neue Stelle, eigene Gründung oder Interims-Management: Führungskräfte reagieren unterschiedlich, wenn sie ihren Job verlieren. Drei Beispiele.
CIOs auf der Suche nach einem neuen Job? Manchmal ein schwieriges Unternehmen.
CIOs auf der Suche nach einem neuen Job? Manchmal ein schwieriges Unternehmen.
Foto: GiZGRAPHICS - Fotolia.com

Für eine Stellensuche war es die ungünstigste Zeit", erinnert sich Bodo Deutschmann, heute CIO beim Fahrzeuginterieur-Hersteller Eissmann Automotive. Als er im November 2009 bei Kögel Fahrzeugwerke ausschied, weil dort nach der Insolvenz die IT-Abteilung aufgelöst wurde, herrschte Krise. Viele CIOs waren auf der Suche und drängten sich um wenige freie Stellen. Einmal bewarb sich Deutschmann über einen Headhunter, der die CIO-Position bei einem Mittelständler ausgeschrieben hatte: "Es gab insgesamt 200 Bewerber, ich kam unter die sieben, die zum Gespräch eingeladen wurden."

Mühsame Stellensuche

Auch die anderen gängigen Wege der Stellensuche erwiesen sich als verstopft - oder als leer. "Der Stellenmarkt in Zeitungen und Jobbörsen hat mir nichts gebracht", sagt Deutschmann. CIOs mit breiter Orientierung würden dort kaum gesucht, eher schon IT-Leiter für die harte Technik. Über die Portale Xing und LinkedIn bekam er "null Komma null passende Angebote". Bei mehreren Vermittlern ließ er sich als Interims-Manager registrieren. Auch hier war die Resonanz zunächst mager.

Der neue CIO-Job war reine Glückssache: Bodo Deutschmann, Eissmann Automotive.
Der neue CIO-Job war reine Glückssache: Bodo Deutschmann, Eissmann Automotive.
Foto: Eissmann Automotive Deutschland

Dass er einen Interims-Auftrag von Eissmann Automotive bekam, bezeichnet Deutschmann heute als "reine Glückssache". Nach ein paar Wochen wurde ihm dann die feste CIO-Position angeboten. In dieser Phase hatte er noch vier weitere Anfragen als Interims-Manager.

Mittlerweile habe sich die Lage für CIOs, die wechseln wollen oder müssen, wesentlich entspannt. Es sei jetzt eher für die Unternehmen schwierig, einen Wunschkandidaten anzulocken: "Besonders gefragt sind momentan CIOs für wachsende Unternehmen, die ihre sonstigen Prozesse mit der IT verbinden wollen."

Auf dem Weg zur Gründung?

Wolfgang Gößwein, Noch-IT-Leiter bei Amedes, denkt über Selbständigkeit nach.
Wolfgang Gößwein, Noch-IT-Leiter bei Amedes, denkt über Selbständigkeit nach.

Wolfgang Gößwein denkt daran, eine eigene Firma zu gründen: Er prüft "Optionen für eine unternehmerische Tätigkeit außerhalb der reinen CIO-Funktion". Die Suche nach einer festen Stelle hält er nach wie vor für nicht einfach. Viele CIOs, auch erfolgreiche, die er persönlich gut kenne, seien gleichzeitig auf dem Markt, und zwar unter anderem, weil sie das getan hätten, was offiziell von ihnen erwartet werde: "Zahlreiche Unternehmen suchen keine rein technischen IT-Chefs, sondern strategische IT-Leiter mit starkem wirtschaftlichem Fokus. Wenn diese Leute dann aber tatsächlich so wie gewünscht arbeiten, stoßen sie an Grenzen, weil sie gezwungen sind, den Fachbereichsleitern in die Suppe zu spucken."

Über die Stellenanzeige eines Headhunters kam Gößwein im Januar 2007 als Bereichsleiter IT zum Sanitärgroßhändler Richter und Frenzel. Nachdem er auf ein Inserat der MHM Holding geantwortet hatte, begann er dort im September 2009 als Global Head of IT. Persönliche Kontakte führten ihn im November 2010 als Leiter IT zum medizinischen Diagnosedienstleister Amedes, wo er im kommenden April aussteigen wird.

Statistisch muss ein CIO mit einer solchen Phase rechnen: Von 100 CIOs sind 15 seit weniger als einem Jahr in ihrem Job, 24 ein bis zwei Jahre und 18 drei bis vier Jahre. Das hat die Society for Information Management errechnet. Weil andere lange bleiben, beträgt die durchschnittliche Verweildauer laut einer Studie von CIO.com immerhin 5,3 Jahre.

Gößwein ist auch an Interims-Management interessiert, aber nicht mit allen Vermittlern zufrieden: "Teilweise sollte ich für die bloße Listung eine Gebühr bezahlen, wozu ich nie bereit wäre." Wer dauerhaft als Interims-Manager arbeiten wolle, müsse auch eigenes Marketing betreiben.

Für alles offen

Ulrich Kistner hält Interims-Management für strategisch wertvoll und hofft, dass es in Deutschland irgendwann so systematisch betrieben wird wie in einigen anderen europäischen Ländern: "Wenn es zum Beispiel heißt: Wir haben 100 Leute in der IT, andere kommen mit 50 aus, dann wird ein Interims-Manager geholt, um alle Prozesse knallhart auf den Prüfstand zu stellen. Ein fest angestellter CIO würde sich dabei überall die Finger verbrennen. Wenn aber nach dem Interims-Manager und seinen unpopulären Entscheidungen der neue feste CIO kommt, sagen alle: Gott sei Dank, dass Sie da sind." Mit Fragen wie "Was halten Sie von unserem IT-Chef, sollen wir ihn ersetzen?", müsse ein Interims-Manager rechnen, deshalb eigneten sich nur sehr erfahrene und gestandene IT-Verantwortliche für diese Rolle.

Für Interims-Management eignen sich nur sehr erfahrene und gestandene IT-Verantwortliche, meint Ulrich Kistner von der Fischer-Gruppe.
Für Interims-Management eignen sich nur sehr erfahrene und gestandene IT-Verantwortliche, meint Ulrich Kistner von der Fischer-Gruppe.
Foto: Privat

Kistner hat lange als Interims-Manager und selbständiger Berater gearbeitet, aber auch angestellt als Geschäftsführer IT und als CIO, Letzteres bis Ende 2011 beim Dübelhersteller Fischer. Solche Wechsel gehören für ihn zum Berufsbild: Auftraggeber werden immer wieder versuchen, einen erfolgreichen Interims-Manager fest ins Unternehmen zu holen. Dass der Umworbene, wenn er sich hat breitschlagen lassen, auch fest im Sattel sitzt, ist aber alles andere als sicher.

Auf besonders attraktive Positionen wird ein CIO laut Kistner selten von anderen CIOs empfohlen, die Kollegen bewerben sich dort lieber selber. Entlassene CIOs kommen jedoch häufig bei Kunden und Lieferanten unter, zu denen sie fair gewesen sind: "Man sieht sich oft zweimal im Leben."

Was aber, wenn im Bewerbungsgespräch nach einem dunklen Punkt gefragt wird? Ulrich Kistner empfiehlt, dann eine nicht nur plausible, sondern auch wahre Antwort parat zu haben: "Ehrlichkeit, Ehrlichkeit. Es kommt sowieso raus."