Interview mit Moritz Freiherr Knigge

Über den Umgang mit Mitarbeitern und Chefs

26.02.2012
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
Konflikte sind Zeitfresser, so Moritz Freiherr Knigge, und kosten Unternehmen jährlich Millionen. Eine wertschätzende Kommunikation und die richtige Haltung könnten Missverständnisse vermeiden, sagt er im Gespräch mit CW-Redakteurin Karen Funk.

CW: Herr Knigge, wie halten Sie es mit der Etikette?

Knigge: Mir geht es genauso viel oder wenig um Etikette wie meinem berühmten Vorfahren Adolf Freiherr Knigge. Der hat übrigens nicht "Über den Umgang mit Messer und Gabel", sondern "Über den Umgang mit Menschen" geschrieben. Für mich ist Etikette nur ein Bestandteil von Kommunikation.

CW: Dennoch heißt ein Vortragsthema auf Ihrer Homepage "Menschen mit Manieren öffnen sich viele Türen".

Knigge: Menschen mit Manieren sind Menschen, die sich auf verschiedene Situationen einstellen können. Ich habe kein Problem mit Etikette. Viele meinen, es geht darum, den Leuten Regeln beizubringen. Ich meine, es geht darum, den Leuten eine Haltung beizubringen. Einem aufmerksamen, respektvollen Mensch erschließt sich von selbst, was im jeweiligen Umfeld angemessen ist.

CW: Zum Thema Kommunikation geben Sie Workshops für Unternehmen. Was bringen Sie den Teilnehmern bei?

Knigge: In den Workshops geht es in erster Linie um die Kommunikationskultur in Unternehmen. Wie gehen Menschen miteinander um, wie kommunizieren sie tagtäglich miteinander, wie reden sie miteinander, welche Sprache, welche Wörter benutzen sie? In diesen Workshops wollen wir den wir Menschen Kommunikation bewusst machen. Unsere Grundidee ist, wenn Menschen anfangen, bewusst zu kommunizieren, kommunizieren sie sofort besser, denn sie achten auf einmal darauf, was sie eigentlich sagen.

CW: Was unterscheidet Sie von anderen Kommunikationstrainern?

Knigge: Wir versuchen, den Teilnehmern die Kommunikation über Kommunikation beizubringen. Das Reden über das Reden, "talk the talk", Metakommunikation. So können Betroffene auch Missstände ansprechen, wie etwa: "So, wie Sie jetzt mit mir geredet haben, habe ich mich angegriffen gefühlt." Das ist die einzige Möglichkeit, Missverständnisse zu lösen.

CW: Es geht also vor allem um Wahrnehmung?

Knigge: Wahrnehmung ist extrem wichtig. Deshalb nennen wir uns auch Agentur für wertschätzende Konstruktion und Kommunikation. Wir gehen davon aus, dass die Wahrnehmung des Einzelnen die Art der Kommunikation maßgeblich beeinflusst.

CW: Inwiefern?

Knigge: So, wie man jemanden wahrnimmt, so reagiert derjenige auch. Das heißt, wenn ich mich beispielsweise von Ihnen angegriffen fühle, schlage ich zurück oder stecke den Kopf in den Sand. Das ist ein Grund dafür, warum sich Firmen immer mehr für dieses Thema interessieren, weil sie es sich nicht leisten können, dass ihre Leute gehen. Und die High Potentials, die jeder haben will, sind die ersten, die kündigen, wenn die Kommunikationskultur nicht stimmt. Die anderen, die kündigen nicht, die sitzen es aus, die resignieren. Und das ist teuer. Ganz zu schweigen von den Reibungsverlusten, die tagtäglich durch schlechte Kommunikation hervorgerufen werden.

CW: Eine wertschätzende Kommunikation fußt also auf wertschätzender Wahrnehmung, die wiederum auf dem eigenen Selbstverständnis aufsetzt.

Knigge: Es geht nur ums Selbstverständnis. Ich kann nur aus dem eigenen Selbstverständnis heraus wertschätzend kommunizieren. Das ist auch der Fehler, den viele Menschen machen: Viele zeigen mit dem Finger auf die anderen. Jeder, der an Kommunikation beteiligt ist, hat die Möglichkeit, diese in positive Bahnen zu lenken. Und jeder der Beteiligten hat Schuld, wenn es schief läuft. Nicht nur einer.