Der Jahrgang der Anspruchsdenker

Mehr Geld für weniger Arbeit

29.05.2011
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Im Aufschwung wächst der Optimismus der Berufseinsteiger. Das wirkt sich auf ihre Forderungen aus. Ein Blick in die Statistik zeigt: 2011 will der IT-Nachwuchs tendenziell mehr Geld für weniger Arbeit.

Junge IT-Profis verhandeln in diesem Jahr aus einer Position der Stärke heraus. Ersichtlich wird das im "Trendence Graduate Barometer German IT Edition". Hier evaluiert das Berliner Marktforschungsunternehmen Trendence Institut die Erwartungen der IT-Absolventen. Ob Jahresgehalt oder Wochenarbeitszeit, in beiden Punkten zeigt sich, dass Informatiker um ihren Marktwert wissen. So rechnen nur knapp 19 Prozent mit einer schwierigen Jobsuche. Im Vorjahr waren gut 30 Prozent pessimistisch, 2009 sogar noch über 39 Prozent. Das erwartete Jahresgehalt der Berufsanfänger kletterte 2011 auf einen Durchschnittswert von 43.900 Euro.

"Dieses Niveau war in den Vorjahren nur einmal erreicht worden, und zwar einige Jahre vor der Krise", sagt Jörn Klick, Senior Account Manager bei Trendence. Er bezieht sich auf das Jahr 2004, das zwischen Dotcom- und Finanzmarktkrise lag. Die Verlaufskurve der vergangenen Jahre (siehe Grafik) zeigt aber, dass die jüngsten ökonomischen Verwerfungen kaum Einfluss auf die finanziellen Forderungen der Informatiker hatten. Nur 2009 wurde das erwartete Gehalt etwas niedriger angesetzt, um dann prompt wieder anzusteigen. Auf die in der Studie vorgegebene Aussage "Ich weiß, was ich als Einstiegsgehalt verlangen kann", antworteten aktuell 46 Prozent der Befragten mit "Trifft zu" - 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr.

Selbstbewusstsein herrscht auch bezüglich der Arbeitszeit. Mit erwarteten 43 Stunden pro Woche sind die IT-Absolventen weit entfernt von "normalen" Branchen und erst recht von Forderungen aus Gewerkschaften oder dem Familienministerium. Trotzdem ist das eine gute halbe Stunde pro Woche weniger, als die Berufsanfänger 2009 für den Arbeitgeber einkalkuliert hatten. "Die Absolventen gehen davon aus, so wenig Zeit am Arbeitsplatz verbringen zu müssen, wie zuletzt ihre Vorgänger von 2005 glaubten", sagt Trendence-Manager Klick. Allerdings scheint die Sonne nicht überall: Der "Optimismus-Index Trendence' o'meter" für die berufliche Zukunft der Absolventen ist das dritte Jahr in Folge gesunken. Hier fließen die erwartete Dauer des Bewerbungsprozesses und die voraussichtliche Zahl der Bewerbungen ein.