Recruiting 2.0

Mitarbeitersuche via Facebook

13.01.2011
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

"Kritik muss man aushalten"

Zu den möglichen Gefahren zählte aus Sicht der Personalverantwortlichen die große Transparenz, die mit der Nutzung von Social-Media-Plattformen Einzug hält. "In internen Mitarbeiterbefragungen und externen Unternehmens-Rankings haben wir in den vergangenen Jahren immer gut abgeschnitten. Deshalb waren wir zuversichtlich, dass eine so transparente Plattform wie Facebook keine großen Risiken für uns birgt. Wir löschen keine Kommentare und setzen uns mit Kritik auseinander. Das muss man aushalten", meint Hirte. Bisher hat sich diese Strategie gelohnt. Mehr als 1800 Facebook-Nutzer interessieren sich für die Site.

Stefanie Hirte, Otto: "Wer auf Facebook aktiv ist, muss Kritik aushalten können."
Stefanie Hirte, Otto: "Wer auf Facebook aktiv ist, muss Kritik aushalten können."
Foto: Otto

Eine weitere Überlegung drehte sich um den Arbeitsaufwand, der für die Pflege der Seiten und den Dialog mit den Nutzern anfällt. Doch auch dieses Thema lässt sich gut managen: Zwei Mitarbeiterinnen des Personal-Marketings haben Twitter und Facebook im Blick und posten alle drei bis vier Tage Neuigkeiten. "Das ist also nicht so viel, wie man vielleicht denkt", berichtet Hirte. "Es gibt keine Wochenendschichten." Auf den Seiten finden sich Hinweise auf Stellenangebote, Veranstaltungen sowie interne Informationen, die einen authentischen Einblick in den Arbeitsalltag vermitteln sollen.

Auch der Siemens-Konzern informiert via Facebook über die Karriereperspektiven, die er bieten kann. Seit März 2010 beantworten vier Mitarbeiter aus dem Siemens-Careers-Team neben anderen Aufgaben die Fragen der Facebook-Nutzer an das Unternehmen. "Wir wollen hauptsächlich über Recruiting informieren und Fragen dazu beantworten. Das reicht vom Absolventen, der wissen möchte, was aus seiner Bewerbung geworden ist, bis zu jungen Leuten, die einen Praktikumsplatz suchen", umreißt Hans-Christoph Kürn aus der Personalabteilung das Fragenspektrum. Sein Team legt viel Ehrgeiz an den Tag, denn alle Fragen sollen möglichst schnell beantwortet werden: "Das geht zwar nicht rund um die Uhr, aber abends und am Wochenende schauen wir schon öfter rein."

Siemens hat 3000 Fans

Momentan zählt Siemens auf seinen Karriereseiten knapp 3000 Fans, doch beeindruckender als diese Zahl sind für Kürn die der Page-Impressions. Viele Facebook-Nutzer lesen die Postings, ohne selbst Fragen zu stellen. "Wir liegen rund zwei Tage nach dem Erstellen einer Nachricht fast immer deutlich über 10.000 Klicks", berichtet der Siemens-Mann. Bildeten ursprünglich Jugendliche und junge Erwachsene noch die wichtigste Zielgruppe, kommen inzwischen immer mehr Young Professionals und Berufserfahrene als "Fans" hinzu. Auf einer weiteren Facebook-Seite wirbt Siemens gezielt um Jugendliche für das hauseigene Ausbildungs- und Studienangebot.

Anfang Juli 2010 ging der Münchner Autobauer BMW mit einer Karriere-Website auf Facebook online. Heute führen die Bayern mit mehr als 12.000 Fans die Hitliste unter den Karriere-Pages an. "Wir sprechen sowohl Schüler, Studenten und Young Professionals als auch Professionals an und achten darauf, dass die Inhalte gleichmäßig für alle Zielgruppen interessant sind", erläutert Matthias Melcher von der BMW Group Personal-Marketing die Strategie des Automobilkonzerns.

Fotos und Videos sollen helfen, Einblicke in den Unternehmensalltag zu geben. Ein dreiköpfiges Team stellt sicher, dass kein User länger als 24 Stunden auf eine Antwort warten muss. Diese Mitarbeiter kümmern sich nicht nur um Facebook, wie Melcher betont. Allerdings gilt dieser Service nicht für das Wochenende. "Wir wollen nicht, dass bei den Usern der Eindruck entsteht, dass bei BMW auch am Wochenende gearbeitet wird. Bisher wurde das sehr gut akzeptiert."