Ausflug in die Offshore-Welt

Indien sucht deutsche Praktikanten

08.10.2009
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Indische Dienstleister wie Infosys und Wipro suchen mit Praktikumsangeboten nach deutschen Talenten.

Ein Industriepraktikum in Indien liegt für viele deutsche Studenten außerhalb ihrer Vorstellungswelt. Dem soll eine Praktikumsinitiative entgegenwirken, die Karl Kurbel, Wirtschaftsinformatik-Professor an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), zusammen mit Peter Schumacher, CEO der Value Leadership Group, einer unabhängigen internationalen Management-Beratung, gestartet hat.

Peter Schumacher von der Value Leadership Group überzeugte die CEOs von indischen IT-Dienstleistern, sich am Praktikantenprogramm zu beteiligen.
Peter Schumacher von der Value Leadership Group überzeugte die CEOs von indischen IT-Dienstleistern, sich am Praktikantenprogramm zu beteiligen.
Foto: Value Leadership Group

Die weltweite Bedeutung der IT-Industrie in Indien zeigen die Fakten. Allein in Bangalore arbeiten über 250.000 IT-Experten und Softwareentwickler. Mit dieser Größenordnung lässt die Stadt das Silicon Valley hinter sich. Mit mehr als 2000 Technologieunternehmen aus den unterschiedlichsten Bereichen ist Bangalore einer der dynamischsten IT- sowie Forschungs- und Entwicklungsstandorte der Welt. Unternehmen wie SAP, Cisco, Intel, Google, Microsoft, Oracle, IBM, Hewlett-Packard und EMC haben in Bangalore in Firmensitze investiert, die jeweils mehrere tausend Ingenieure und Informatiker beschäftigen.

Deutsche Studenten haben bei indischen CEOs einen guten Ruf

Auch führende europäische IT-Dienstleister wie Capgemini haben große Technologiezentren in Indien aufgebaut, die ihnen arbeitsteilige globale Geschäftsmodelle ermöglichen. Der Wert exportierter indischer Dienstleistungen in den Bereichen IT, Forschung und Entwicklung und Geschäftsprozessauslagerung hat sich in den letzten fünf Jahren fast verdreifacht und im vergangenen Jahr 47 Milliarden Dollar erreicht. Dabei sind die Exporte nach Kontinentaleuropa am stärksten gestiegen - pro Jahr um 50 Prozent.

Trotz dieser beeindruckenden Entwicklung machen bisher nur wenige deutsche Studenten Gebrauch von dem Angebot indischer Firmen, bei ihnen ein Praktikum zu absolvieren. Dabei schätzen CEOs indischer IT-Dienstleister die hohe Qualität deutscher Studenten.

Das Besondere an dem initiierten Praktikumsprogramm ist das persönliche Engagement der CEOs von Marktführern wie Infosys und Wipro, die jeweils 100.000 Mitarbeiter beschäftigen und fast fünf Milliarden Dollar Umsatz erzielen, aber auch mittelgroßer Unternehmen wie Hexaware, L&T Infotech und Mindtree. Von Interesse ist auch die Beteiligung der europäischen Firmen SAP Labs Bangalore und Capgemini sowie der amerikanischen Unternehmen Cognizant und Genpact, deren Mitarbeiter überwiegend in Indien tätig sind. Alle teilnehmenden Firmen haben namhafte deutsche Kunden.

Die Aufgaben in diesen Praktika sind anspruchsvoll. Die Praktikanten befassen sich mit Testautomatisierung, Softwareentwicklung und Java-Programmierung ebenso wie mit Prozessindustrialisierung, Portfolioentwicklung für Unternehmensanwendungen, Vertriebs- und Marktanalysen. Insgesamt wurden fast 50 Praktikumsstellen eingerichtet. Die finanziellen Rahmenbedingungen werden von den Firmen so gestaltet, dass jedem qualifizierten Bewerber die Teilnahme ermöglicht wird.

Nach Einschätzung des Viadrina-Professors Kurbel können sich Teilnehmer mit den gewonnenen fachlichen, sozialen und kulturellen Kompetenzen für die Mitarbeit in arbeitsteiligen, globalen Geschäftsprozessen qualifizieren. Dabei werden die Studenten unterschiedliche Management-Methoden, Wertevorstellungen, Arbeitsweisen ebenso wie andere Anerkennungs- und Konfliktlösungsmechanismen kennen lernen. "In einer weltweit vernetzten Wirtschaft werden zukünftige Arbeitgeber die Indien-Erfahrung der Praktikanten zu schätzen wissen." Zur Zielgruppe des Programms zählen Studenten der Informatik, Wirtschaftsinformatik, Betriebswirtschaftslehre und benachbarter Fächer in Deutschland, Österreich und der Schweiz.