Tom DeMarco

"Arbeitnehmer brauchen mehr Freizeit"

13.02.2009
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Analyse-Papst Tom DeMarco fordert im CW-Interview, die Wirtschaftskrise für das Entwickeln einer neuen Unternehmenskultur zu nutzen.

CW: Sie schreiben in Ihrem Buch "Adrenalin-Junkies und Formular-Zombies", dass es in der Wirtschaft verboten sei, Emotionen zu zeigen. Echte Männer weinen nicht. Ist dem wirklich so?

Projekt-Management-Experte Tom DeMarco ist Erfinder der strukturierten Analyse und Autor zahlreicher Bücher.
Projekt-Management-Experte Tom DeMarco ist Erfinder der strukturierten Analyse und Autor zahlreicher Bücher.

DeMarco: Es ist für viele immer noch unprofessionell, am Arbeitsplatz Gefühle zu zeigen. Die Emanzipation hat diese Einstellung aufgeweicht, weil viele Frauen Gefühle in die männerdominierte "kalte" Arbeitswelt bringen. Schade ist, dass dieser Mehrwert noch viel zu selten angenommen wird und deshalb immer noch nur wenige Frauen in leitenden Positionen tätig sind - besonders in der IT-Branche. Untergraben wir das Ausleben von Emotionen, erschaffen wir ein Volk von Ignoranten.

CW: Mitarbeiter, die nicht dauerbeschäftigt sind oder zumindest so tun, gelten als faul und unprofessionell. Brauchen wir mehr Menschen, die weniger arbeiten?

DeMarco: Ja. Arbeitnehmer brauchen mehr Freizeit - und das jeden Tag. Das klingt gerade in der derzeitigen Lage vieler Unternehmen unsinnig, aber Innovationen brauchen Zeit. Wenn Sie ununterbrochen Leistung bringen, helfen Sie Ihrer Firma nicht weiter. Überarbeitete Mitarbeiter machen ein Unternehmen langsam und schwächen es im Wettbewerb.

CW: Definiert sich der Unternehmenserfolg über den erzielten Gewinn oder über die Menge an geldbringenden Innovationen?

DeMarco: Durch beides. Gerade jetzt müssen wir verantwortungsvoll mit Geld umgehen. Leider haben die Kosteneinsparungen bereits in den guten Zeiten, den letzten zehn Jahren, stattgefunden, so dass jetzt niemand mehr weiß, wo das Geld noch herkommen soll.