Karriere ohne Personalverantwortung

IT-Profis wollen nicht führen

17.12.2008
Von 
ist freie Wirtschaftsjournalistin in London.
Aufsteigen, ohne Personalverantwortung zu übernehmen: Geht das? Ja, immer mehr Firmen bieten IT-Kräften eine Fachkarriere an - ohne Führungspflichten, aber mit Titel, Gehaltserhöhung und Dienstwagen.

Von Karin Dürmeyers Job mag manche IT-Führungskraft träumen: Sie plante die IT-Architektur der City-Maut in Stockholm. Sie baute Deutschlands erstes Versicherungs-Call-Center auf. Und sie berät die Bundesregierung bei der technologischen Umsetzung von Tiertransporten in der EU. Dürmeyer, Distinguished Engineer bei IBM Deutschland, hat es geschafft: Die 50-Jährige arbeitet an spannenden Projekten und hat jede Menge Verantwortung. Aber sie führt keinen einzigen Mitarbeiter. Dürmeyer hat eine andere Laufbahn eingeschlagen: die Fachkarriere. Nicht nur IBM offeriert den Spezialisten des Hauses diese Form des Aufstiegs, sondern auch viele andere Unternehmen von SAP über die Telekom bis Siemens.

Franz Biehal, Trigon "Die Fachkarriere erlebt im deutschsprachigen Raum einen regelrechten Boom."
Franz Biehal, Trigon "Die Fachkarriere erlebt im deutschsprachigen Raum einen regelrechten Boom."

"Die Fachkarriere erlebt im deutschsprachigen Raum derzeit einen Boom", sagt Franz Biehal, Experte für Spezialistenlaufbahnen bei der Trigon Entwicklungsberatung in Wien. Ambitionierte Angestellte, die kein Interesse an Führungsaufgaben haben, bekommen Aufstiegschancen - mit mehr Gestaltungsfreiraum, mehr Geld und neuen Titeln. Damit brechen sie mit dem althergebrachten Prinzip: Wer es nach oben schaffen will, muss andere unter sich haben. Genau das lief in der Praxis häufig schief. "Man hatte einen guten Experten verloren und eine schlechte Führungskraft gewonnen", so Biehal.

Schlechte Chefs verhindern

Die Fachkarriere soll aber nicht nur schlechte Chefs verhindern. Mit derlei Angeboten pflegen Firmen auch ihr Image. Denn in Sachen Anziehungskraft haben sie kräftigen Nachholbedarf. In den vergangenen Jahren bauten sie mehr und mehr Hierarchieebenen ab und raubten so ihren Nachwuchsstars die Perspektiven. Die Folge: Karrierestau und Demotivation. Eine schlanke Organisation begrenzt die Möglichkeiten von Führungskarrieren", erklärt Jörg Staff, Senior Vice President Human Resources bei SAP. Daher hat der Walldorfer Softwareanbieter schon vor Jahren parallel zur Management-Laufbahn die Fachkarrieren entwickelt. Beförderte Spezialisten erhalten mehr Geld, einen höheren Titel, einen besseren Dienstwagen - genau wie die Manager-Kollegen.

Jörg Staff, SAP "Flache Hierarchien begrenzen die Aufstiegs-möglichkeiten."
Jörg Staff, SAP "Flache Hierarchien begrenzen die Aufstiegs-möglichkeiten."

"Unternehmen entdecken Fachkarrieren zunehmend als Vermarktungsinstrument", sagt Ralf Kleb, geschäftsführender Partner der Baumgartner & Partner Unternehmensberatung mit Sitz in Hamburg und Frankfurt am Main. "Im globalen Wettbewerb um Spitzenkräfte müssen sie Besonderes bieten, um mit Standorten wie dem Silicon Valley konkurrieren zu können."